Sonntag, 29. Mai 2011

Barbara Panther



Filigrane Wucht.

Barbara Panther will alles. Vor allem aber die größtmögliche elektronische Vielfalt. Auf ihrem selbstbetitelten Debut funktioniert das schon ziemlich gut.
Wenn man den hibbeligen und kreuz und quer schießenden Einstieg mit "Rise Up" heil überstanden hat und sich von den druckvollen Sprechgesangpassagen nicht ins Bockshorn jagen hat lassen, darf man sich zu "Moonlight People" ein wenig romatisch, ein wenig lasziv auf der Tanzfläche tummeln. Klingt seltsam, ist aber so. Denn wie das äußere Erscheinungbild der Künstlerin, das androgyne Kühle genauso wie feminine Lieblichkeit versprüht, hat nahezu jeder Song auf "Barbara Panther" zwei Gesichter. Wenn bei "Voodoo" zunächst beschwörende Klänge vorherrschen, heißt das eben nicht, dass daraus nicht ein herrlich zappeliges Tanzbiest werden kann, dass die namensgebenden Trommeln deutlich in den Hintergrund drängt. Ein Schelm, wer beim angedeuteten Refrain nicht an die ersten Björk-Alben denkt. Weiter geht's. Verschleppte Rhythmen wie bei "Wizzard" sind bei den langsameren Songs bestimmendes Element, dazu darf die Stimme gerne ein wenig nach oben oder unten kippen. Schließlich tanzt ein Akkordeon in den Raum, dass da eigentlich gar nicht hingehören darf und trotzdem: das macht sogar richtig viel Sinn. Produziert hat das Albuim im übrigen Matthew Herbert, dessen organisch-technoide Handschrift schon deutlich hervortritt. Wenn wie bei "A Last Dance" plötzlich auf Dauerfeuer gedrückt wird, das Stück aber trotzdem wachsweich vor sich hin pulsiert. 
Puls ist dann ebenso bestimmendes Element wie schmückendes Beiwerk wenn es in "O'Captain" zu beschwingten (!) und industriellen Beats munter voran geht. Mit dem meisterhaften "Dizzy" steuert die Doppelbödigkeit auf dem Album auf den Höhepunkt zu: manische Strophen, die, durch einen spukenden Bienenschwarm gesungen, vor Anspannung bersten, der Refrain wie ein klarer Regenschauer, um die angestaute Energie zu kanalisieren. 

Kurzum ist der Erstling der Wahlberlinerin eine höchst spektakuläre aber eben auch zwiespältige Angelegenheit, das Tonbeispiel kann davon berichten:

Sonntag, 22. Mai 2011

Live: The Boxer Rebellion & The Age Of Sound




Am gestrigen Abend sollte mal wieder Livemusik des Bänkelsängers' Ohr erfreuen, dieses Mal in Form von The Boxer Rebellion, die das münstersche Gleis 22 wohl schon zum wiederholten Male aufsuchten.
Mit gar nicht ganz so großen Erwartungen hingegangen, sollte das Konzert jedoch vor allem aufgrund der wirklich fabelhaften Soundästhetik und der tollen Vorgruppe ein echter Höhepunkt werden.

Doch nun von Anfang an: den Startschuß setzten The Age Of Sound aus Hamburg, die sowohl klangtechnisch als auch optisch zumindest im gehobenen Mittelfeld eines Oasis-Lookalike-Contest landen würden. Eigentlich sind das gar nicht ganz so gute Voraussetzungen, um den Bänkelsänger in Verzückung zu bringen, doch deren hauptsächlich vom neuen Album "...And Then Came The Age Of Sound" stammenden Stücke machten vor allem eines: Spaß. Stimmlich bewegt sich Leadsänger Oliver Grandt dabei arg in Liam Gallaghers Gefilden, was sich schon bei den ersten Stücken bemerkbar machte. Ein gar vorzügliches Hin und Her zwischen zeitlosem Jangle- und Britpop, von denen vor allem der Albumopener "Anyone", die Single "On A Sunday" und die leidlich an "Wonderwall" erinnernde Ballade "Man In The Frame" im Ohr blieben. Zudem konnten die Musiker auch an den Instrumenten überzeugen und hatten auch genügend 60s-Blut im Köcher, um zeitweilig gar an frühe Beatles oder Byrds zu erinnern.

Selten hat mir eine Vorband schon so viel Vergnügen bereitet, da mussten sich die in London beheimateten The Boxer Rebellion schon gehörig anstengen. Gleich der Opener "Step Out Of The Car" hatte aber mehr als das Zeug dazu, denn Sänger Nathan Nicholson hatte wahrhaft Strahlkraft in der Stimme. Kristallklar und trotzdem wunderbar elegisch im Sound wurde die geneigte Hörerschaft von den nächsten Stücken gefesselt, von denen "Cowboys & Engines" und "Flashing Red Light Means Go" ungezwungen zwischen Tanzbarkeit und Schwelgerei schwankten. Selbst das Gleis 22-Publikum, welches schon bei vielen vergangenen Konzerten eher durch erhöhtes Mitteilungsbedürfnis untereinander und den Zwang, das beste Handybandfoto zu fabrizieren, aufgefallen war, hielt sich vornehem zurück, man mag es glauben oder nicht: es wurde gar getanzt! Die vier Musiker schienen das zu honorieren und tauten sichtlich auf, vor allem der riesenhafte Gitarrist und sein halber Zwilling am Schlagzeug lösten die angezogene Handbremse und ergaben sich den mit ausreichend Pathos gezuckerten Songs. In den ruhigeren Momenten, wie bei "Both Sides Are Even" oder vor allem bei "Doubt" wurde mit großer Geste operiert, eine Art und Weise die Mr. Nicholson ebenso gut zu Gesicht stand, wie die kraftvollen Momente im heimlichen Hit "Evacuate" oder dem rabiaten "Watermelon", dass den regulären Teil inklusive Ausflug ins Publikum beendete. 
"No Harm" eröffnete dieses drei Stücke umfassende letzte Aufbäumen, erst vorsichtig, ehe das düstere "Gospel Of Goro Adachi" in einen wahren Mahlstrom aus Feedback und Delay mündete, bei denen vor allem der Bassist noch mal sprichwörtlich kräftigst in die Pedale trat.
Es war ein feiner Konzertabend, den es hoffentlich bald zu wiederholen gilt, bis dahin dürfen die beiden Hauptdarsteller noch mal zu Wort kommen.


Samstag, 21. Mai 2011

The Felice Brothers



Uff!

"Celebration, Florida". Ob man mit den fünf New Yorker Alt-Country-Helden feiern möchte, wie man es nach jedem der letzten Alben aus vollstem Herzen tun wollte, kann man nach einmal Hören auf keinen Fall entscheiden. Aber auch nach dem zehnten Durchgang bleibt ein eigenartiges Gefühl zurück.

Warum das so ist, lässt sich gleich mit den ersten Takten des wüsten Openers "Fire At The Pageant" erklären. Eklektizismus mag ja durchaus modern sein, aber ist es wirklich notwendig, den erdigen Wohlklang mit elektronischem Brimborium zu untermauern. Ähnlich verhält sich "Container Ship". Wenn die Piraten das Schiff stürmen, wird die bis dahin wunderbar düstere Pianoballade zum schlingernden Trip-Hop-Experiment und bekommt ein ums andere Mal Schlagseite. Die Felice Brothers wollen dieses Mal ums verrecken modern und anders sein, warum sonst ergänzt bei "Honda Civic" ein ganzes Blasensemblezusammen mit souligem Backgroundgewimmer und Akkordeon zu einem eigenwilligen und tempowechselnden Gebräu. Spannend ist das aber allemal.
Und so geht's munter weiter. Nach der Hommage "Oliver Stone", die sich noch am ehesten in den Kontext der Vorgängeralben einfinden kann, wird gezaubert und aus dem Hut gezogen, bis die Schwarte kracht. Ob bei der eigenwilligen ersten Single "Ponzi" die mit Piano- und Spoken Words-Einlagen sowie einem "Fade To Grey"-Gedächtnissample aufwarten kann oder beim rabiat-verspielten "Cus's Catskill Gym", hier von einem traditionellen Alt-Country-Album zu sprechen, wäre schier blasphemisch und würde nur einen Bruchteil der vorherrschenden Stilfragmente zu Wort kommen lassen. Ich bin dann mal gespannt, ob sich "Celebration, Florida" ähnlich in meinen Gehörgängen festsetzt, wie ihr selbstbetiteltes Durchbruchswerk mit dem sensationellen "Frankie's Gun" oder zumindest an den nostalgischen Vorgänger "Yonder Is The Clock" anknüpfen kann, momentan ist noch Findungsphase angedacht....und die kann dauern, wie man sicherlich auch beim Ton- und Bildbeispiel erkennen kann:


Dienstag, 17. Mai 2011

Aufgemerkt: The Indelicates



Schneller als gedacht...

Da ist "Songs For Swinging Lovers" kein halbes Jahr alt, da schießen Simon Clayton und Julia Clark Loves alias The Indelicates wieder mit harten Geschützen. Deren zynischer Indiepop treibt mit dem Konzeptalbum "David Koresh Superstar" andere Knospen, zumindest wenn man dem Vorboten "Something's Goin' Down In Waco" Glauben schenken mag. Die zornige Stimme Claytons und das süßliche Gesäusel Clark Loves' bärbeißen sich fabelhaft durch Kettenrasseln und stakkatohafte Bluessynkopen. Wenn die schneidende Violine voller Sarkasmus den manischen Sektenführer umgarnt, schleicht sich eine ganze Band auf die Bühne und wetteifert mit den wohlfeilen Stimmen bis aufs Blut.

Sonntag, 15. Mai 2011

Moses Luster And The Hollywood Lights



Gedämpfte Lichter...

oder zumindest Kerzenflammen scheinen hier die richtige Beleuchtung zu sein und nicht die titelgebenden, gleißenden Leuchten der Traumfabrik. Das Album "I'm The Lion" gleicht einem Drift durch die Abenddämmerung, manch einer mag sich bei einem trockenen Drink am abgeschabten Tresen einer schummrigen Bar sehen. Moses Luster und seine Hollywood Lights spielen knappe 40 Minuten mit Licht und Schatten und werden nicht müde immer neue Stimmungen in die Waagschale zu werfen.
Musikalisch wird hier dem verwitterten Blues und Country des "alten Amerikas" gehuldigt, auf den ersten Blick dreckig und vernarbt, erst auf den zweiten Blick entpuppen sich die rauhen Klänge als flackerndes Leuchtfeuer.
Im an den "Loverman" des vorzüglichen Nick Cave erinnernden "Lover" zum Beispiel, das förmlich mit lasziver Wut auf hoher Flamme lodert oder im energischen "Kingpin" das sich zwischen manierlichen Frauenchören auch ein wenig forderndes Handclapping gönnt, von der quengelnden Orgel ganz zu schweigen.
"Pyroclastic" klingt dann wiederum wie für einen 70er-Jahre-Gangsterstreifen gemacht, gerade wenn die Ganoven schwerbewaffnet das prunkvolle Casino entern und dann doch der Held auf der Bildfläche erscheint. Überhaupt Las Vegas scheint passender Schauplatz für "I'm A Lion" zu sein, wuchtig, ausufernd und manchmal ein Stück "over the top", ganz so wie es Mr. Luster zu gefallen scheint. Schmutziger Glanz beherrscht die Szenerie, die sicherlich auch dem Seelenverwandten Tom Waits oder Johnny Cash gefallen hätte, bei letzterem zumindest in dessen Spätphase.
"Someday" wird nach den wüsten Stampfern zum ersten Mal ruhiger, nur zum Piano wird begonnen, fast entschließt man sich, sanft zu mildem Zwiegesang in die Nacht zu gleiten. Doch weit gefällt: im Höllenritt "The Fist Of Karma" reisst sanft aufgetürmte Stille entzwei und die darin aufgestaute Energie wird nach zartherben Start rasch ausgebreitet. Wer übrigens beim letztgenannten Song an frühere Phillip Boa-Glanztaten denkt, liegt meines Erachtens gar nicht so falsch.

Über die eher übersichtlich gestaltete Bandcamp-Seite kann ein weiterer Eindruck gewonnen werden, das Video bietet zudem einen Augen- und Ohrenschmeichler:

Eurovision Song Contest: Der Abend

Hochgehandelt und doch gefallen,

ist wohl Motto des diesjährigen Grand Prix, denn kaum einer der vorher in der Google-Gunst an der Spitze stehenden Interpreten noch die todsicheren Tipps britischer Buchmacher konnten sich in der Endabrechnung vorne behaupten. Dennoch war es ein gelungener Contest, der mit einigen Highlights, einer gelungenen Show und einem durchaus würdigen Sieger aufwarten konnte. Dass dazu die Technik exzellent, die Moderatoren arriviert und gut aufgelegt waren und der Beginn mit den 43 Lenas eine wirklich spektakuläre Idee war, kann man dem 56. Wettbewerb nur zugute halten. Doch alles Schritt für Schritt, kommen wir zur Kritik im Einzelnen.


1) Finnland/Paradise Oskar - Da Da Dam
Es lag dann wohl doch an der unglücklichen Startnummer Eins, dass des Bänkelsängers' Favorit mit seiner lockeren Folknummer allein zur Gitarre nur im unteren Fünftel zu finden war, der wahrlich märchenhafte Auftritt des kleinen Axel vor der aufegehenden Weltkugel hatte sicherlich mehr verdient.

2) Bosnien-Herzegovina/Dino Merlin - Love In Rewind
Trompete, Gitarre und ein klatschender Grandseigneur: mehr brauchte der Balkanstaat nicht um sich auf einen hervorragenden sechsten Platz zu singen. Der Refrain war aber auch zu eingängig, über das Clochard-Outfit darf man aber ruhig geteilter Meinung sein.

3) Dänemark/A Friend In London - New Tomorrow
Weltverbesserersongs hatten dieses Jahr durchaus Konjunktur. Sprints aus dem Stand über die große Bühne im schwarzen OP-Hemd waren eher Einzelstücke, verschafften dem launigen und ohrwurmigen Popsong aber immerhin Platz 5.

4) Litauen/Evelina Sasenko - C'est Ma Vie
Das war schon ein ziemlich unvorteilhaftes Outfit, dass die Dame aus dem Baltikum zu ihrer disneyinspirierten Musicalnummer da trug, die so unglaublich antiquiert daher kam, dass es auch dem Glöckner von Notre-Dame den Buckel hätte runterutschen können.

5) Ungarn/Kati Wolf - What About My Dreams?
90er-Jahre-Europop ist tot. Sicherlich wird die Riesin im blauen Satinhandtuch in den regenbogenfarbenen Discos dieser Welt als neue Muse hofiert, für einen ESC im Jahre 2011 reicht eine starke Stimme zu billigen Popbeats halt nicht mehr aus.

6) Irland/Jedward - Lipstick
Connie Francis hat es vorgemacht: Lippenstift am Jacket geht immer. Die quietschfidelen Legomännchen mit der Adventskerzenfrisur konnten den hohen Erwartungen zwar nur bedingt gerecht werden, der energiegeladene Auftritt war dann trotzdem für einen Platz in den Top Ten gut.

7) Schweden/Eric Saade - Popular
Gefühlte 37mal hat der Bravocoverboy "Popular" gerufen, dabei musste er sich aus Glaskäfigen befreien und leidlich "powerful" durch die Gegend tanzen. Eingängigkeit siegt über schlichten Geschmack, der Bänkelsänger sagt: "Bäh!" und wundert sich über Platz 3.

8)Estland/Getter Jaani - Rockefeller Street
Hier wurden auch Erwartungen in Grund und Boden gestampft. Der Auftritt vor New Yorker-Pappmachee-Wolkenkratzern im Bonbonkostüm war eigentlich wunderbar, doch anscheinend fühlte sich Europa bei der puppengesichtigen Getter Jaani zu sehr an die farbverwandeten "Aqua" erinnert.

9) Griechenland/Loukas Yiorkas - Watch My Dance
Was war das denn? Ich hatte mich über das Weiterkommen des wohl schlechtesten Rappers der Welt bereits im Halbfinale gewundert, dass der pathosgeschwängerte Ethno-HipHop-Folkloremix aber sogar die Top Ten entert hat mich bar erstaunt.

10) Russland/Alexey Vorobyov - Get You
Dicke Hose 2011. Der gelackte Alexey kam so unglaublich überheblich und von sich überzeugt rüber, dass der harmlose Popsong vor lauter Selbstverliebtheit zur Nebensache wurde. Dass dabei die Choreographie mehr nach holperndem Boybandgelumpe aussah, machte die Sache höchstens unfreiwillig komisch.

11) Frankreich/Amaury Vassili - Sognu
Der korsische Supertenor hat dann den Bogen doch überspannt. "Sognu" war dann doch zuviel Vangelis mit dem Holzhammer, als dass sich die schöne Pop-Oper in den Gehörgängen festsetze. Statt "Bolero 12 Points" leider nur Platz 15.

12) Italien/Raphael Gualazzi - Madness Of Love
Die wohl dickste Überraschung. Die unglaublich angenehme und mit warmer Stimme vorgetragene Pop'n'Jazz-Nummer bringt Italien nach 14 Jahren Abstinenz einen tollen zweiten Platz. Ein Pianoman deluxe, der jetzt hoffentlich nicht komplett durch den Mainstreamwolf gedreht wird.

13) Schweiz/Anna Rossinelli - In Love For A While
 Wahrscheinlich hat auch hier die Startnummer als Ladehemmer gewirkt. Die hübsche, von der Presse als "Lena-Kopie" bezeichnete Anna verzauberte mit einer hübschen Folknummer, die allerdings doch zu harmlos war und trotz "nanana"-Refrain nicht im Ohr hängenblieb. 

14) Großbritannien/Blue - I Can
So ein wenig scheint der Name verpufft zu sein. Als großes Comeback angekündigt, hat sich die englische Boyband mittleren Alters mit dem Obama-Gedächtsnispopsong keinen großen Gefallen getan, da Höhepunkte bis auf die netten Synthiklänge im Refrain auch eher Mangelware waren.

15) Moldau/Zdob Si Zdub - So Lucky
Na endlich passierte mal wieder was auf der Bühne. Einradfahrende Gartenwichtel, obskure Blasinstrumente, wilde Zirkusfanfaren und hin und her hopsende Skasänger: ein Ohrenschmaus hört sich zwar anders an, der Preis für die originelleste Bühenshow war den Moldawiern aber sicher.

16) Deutschland/Lena - Taken By A Stranger
Na immerhin Top Ten. Das künstlich ver"vampte" Fräuleinwunder wird erwachsen und bestätigt zumindest in Ansätzen ihre ESC-Form. Ein wenig verrucht, ein wenig futuristisch und ein wenig Spannung ergeben einen lockeren Cocktail zu dem nur die Eisschnellläuferinnern nicht sonderlich gepasst haben.

17) Rumänien/Hotel FM - Change
Einer der Ohrwürmer am heutigen Morgen. Das sympatische Popliedchen aus Rumänien glänze vor allem durch bei östlichen Staaten selten genutzes "richtiges" Englisch, was aber vor am britischen Leadsänger liegt. Ansonsten war der "muse"artige Gesang zu Anfang schon ein wenig zu kalkulierend.

18) Österreich/Nadine Beiler - The Secret Is Love
Das an Whitney Houston und Mariah Carey erinnernde Ballädchen im Mireille-Matthieu-Gedächtnislook fand ich anfangs langweilig, der zauberhafte Auftritt zeigte aber die unglaubliche Bühnenpräsenz der jungen Künstlerin. Leider auch ein Stück weg von den erwarteten Ergebnissen.

19) Aserbaidschan/Ell/Nikki - Running Scared
Ein moderner Grand-Prix-Sieger. Toll produziert, frisch vorgetragen und hübsch inszeniert im gerade so angesagten Nude und White-Look. Wenn zur Hälfte des Songs der Feuerregen prasselt, hätte man den Song auch von Take That vortragen lassen können, so durfte das ungleiche Duett einen historischen Erfolg feiern.

20) Slowenien/Maja Keuc - No One
In einer Mischung aus Bustier und Ritterrüstung singt sich die Slowenin vor vollbusigen Sidekicks in den Vordergrund der Bühne, schade dass die bombastische Produktion und die alberne Inszenierung von der wirklich guten Stimme abgelenkt haben, so war's halt nur mittelmäßig.

21) Island/Sjonni's Friends - Coming Home
Den tragischen Hintergrund zur Entstehungsgeschichte von Lied und Band mal außen vorgelassen, war das ein vergnügtes Kaffeekränzchen. Die fidelen Musiker mit echten Instrumenten haben sich ordentlich für die nächste Sommermatineé empfohlen, mehr war aber mit dem harmlosen Barfolksong nicht drin.

22) Spanien/Lucia Pérez - Que Me Quitten Lo Bailao
Da hätte man jetzt auch jedes x-beliebige Strandmädchen aus Spanien hinstellen können, austauschbare Stimme, austauschbarer Auftritt. Lediglich der Refrain zeugte trotz Landessprache von einigermaßener Ohrwurmqualität, aber die hatte der "Ketchup-Song" weiland auch...

23) Ukraine/Mika Newton - Angel
Allzuviel ist ungesund. Sandmalerei wurde auf der LED-Wand geboten. Die war spektakulär. Über das Liedchen der blonden Frau mit den Engelsflügeln hätte man diesen vielleicht rüberrieseln lassen, dann wäre wenigstens ein wenig mehr Aufmerksamkeit bei ihr geblieben.

24) Serbien/Nina - Caroban
Das beste nicht hauptsächlich englischsprachige Lied des Abends war einer der optischen Leckerbissen. Twiggy hüpft mit ihren kunterbunten Freundinnen vor einer psychedlischen Leinwand auf und ab und versprüht lässige 60er-Jahre-Nostalgie.

25) Georgien/Eldrine - One More Day
Das Lakritzschneckenkleid, die musikalische Verquickung von Linkin Park und den Guano Apes, dazu eine Stimme zum Steineschmeißen und ein heiserer Rapper: wie es diese Ausgeburt der Hölle auf Platz 9 landen konnte, wird mir ewig ein Rätsel bleiben.

Was bleibt nun als Fazit noch zu sagen. Dass sich der Bänkelsänger zwar mit dem Siegertitel anfreunden kann, sich aber noch mehr über eine bessere finnische, deutsche und estnische Platzierung gefreut hätte. Dass Italien wieder Lust auf den ESC hat und es dann auch verdient auf den zweiten Platz geschafft hat. Und dass der gestrige Abend mit Käseigel, Piroggen, Sektchen und guten Freunden trotz der besagten Tränchen im Knopfloch fabelhaft war. Den Sieger kann jeder posten, ich nehme die Nummer 2 und freue mich jetzt schon auf 2012 wenn es heißt: Welcome To Baku!

Samstag, 14. Mai 2011

Eurovision Song Contest : ein Überblick

Stammleser müssen heute und morgen ganz tapfer sein, der Bänkelsänger tobt wieder mal seine ESC-Begeisterung aus:

Im letzten Jahr lag ich mit meiner Prognose ja gar nicht so schlecht, dieses Jahr will ich erneut wagen, den größten Musikwettbewerb der Welt stimmungsvoll einzuläuten und auch die hoffnungsvollsten und interessantesten Songs und Künstler herauszuheben. Dass dabei mein Augenmerk dem Folk- und seinen Verwandeten gilt, ist nicht überraschend, da in diesem Jahr aber relativ wenig in dieser Richtung im Finale passieren wird, gibt's ein wenig mehr Vielfalt unter meinen Vorschlägen, los geht's:

Paradise Oskar - Da Da Dam
Über den netten finnischen Jungen von Nebenan, der mit verschmitztem Lächeln nur zu Gitarre singt und dabei die Welt verbessern will, hatte ich schon im Januar berichtet, jetzt ist er der erste Starter des Finales und inzwischen ein hochgehandelter Geheimtipp.

Getter Jaani - Rockefeller Street
Die bonbonfarbene Kulisse und das strahlende und quirlige Auftreten der Estin machen den Song zu einem quietschbunten Popsong, in dem viel passiert. Augen auf und nicht erschrecken.

Dino Merlin - Love In Rewind
Das ist Folk mit (Balkan-)Seele. Wenn der graue Wolf zur Gitarre in leider leidlich schlechtem Englisch über die Bühne wandert, kommt ein wenig Nostalgiefeeling auf. Der bosnische Beitag ist einer der "Grower" seit dem Halbfinale.

Raphael Gualazzi - Madness Of Love
Italo-Jazz, der wirklich gut und luftig daher kommt und bei dem man es dem Sänger anmerkt, dass er wirklich Spaß hat, wenn er am Piano sitzt.

und zum Schluß den Topfavoriten:

Amaury Vassili - Sognu
Nach den Vorschußlorbeeren und unglaublich guten Wettquoten bei den Buchmachern dieser Welt müsste der französische Tenor mit der Wallmähne jetzt schon das gläserne Mikro in Händen halten, nicht mal zu nrecht, denn sein korsischer Bolero ist echt fein:

 

Wie gehabt, wünsche ich denen die gucken, einen fabelhaften Fernsehabend, denjenigen die es eben nicht anschauen Durchhaltevermögen, denn ab Montag gibt es den Bänkelsänger in seiner normalen Form zurück und sage jetzt todesmutig voraus, dass der nächste Grand Prix nicht in Deutschland, wohl aber gut in Finn-, Ir- oder Estland stattfinden könnte. 

Montag, 9. Mai 2011

My monthly Mixtape: Mai


Ein wenig spärlich waren die letzten Einträge nach wie vor, was nicht zuletzt daran lag, dass der Bänkelsänger zu einem kleinen Wochenendtrip an der Mosel war. Das monatliche Mixtape ist somit ein wenig vom Anfang in die Mitte des Monats gerutscht, leider ist damit auch die monatliche Sendung auf dem "Radio Der Von Neil Young Getöteten" noch nicht ganz fertig, die Tracklist ist aber inzwischen komplett. 
Tierisch geht es zu auf dem Maibeitrag, Fliegen, Lämmer und Hyänen wetteifern auf's Schärfste, ein wenig Naturmystik gibt's obendrein, von Alltzumenschlichem ganz zu schweigen. Musikalisch geht es sehr abwechslungsreich zu, von zwielichtigem und elektronischem Folk über altertümliche Volksweisen bis hin zu echtem Trinkgesang. Wohl bekomm's.

01. Jamie Woon - Street
02. Son Lux - Flickers
03. Implodes - Screech Owl
04. Snowman - Hyena
05. Budam - The Fly
06. Ja, Panik - Nevermind
07. Bill Callahan - Baby's Breath
08. Montmorensy - Grass in Antarctica
09. 17 Hippies - Dorn
10. Mick Harvey - October Boy
11. Danger Mouse & Daniele Luppi - The Rose With A Broken Neck (feat. Jack White)
12. The Head And The Heart - Coeur D'Alene
13. Fleet Foxes - Sim Sala Bim
14. Alexander Tucker - God's Creature
15. Cass McCombs - The Lonely Doll
16. Little Scream - The Lamb
17. Chris Bathgate - Poor Eliza
18. Jim Bianco - Sinners

The Lamb by Little Scream

Dienstag, 3. Mai 2011

Im Schnelldurchlauf (I)

Lust auf eine neue Rubrik? Inspiriert durch die Rubrik "Was Kommt Im.." auf dem sehr sympathischen wie informativen Blog "Der Impuls", versuche ich mich mal an kurzen Zusammenfassungen, was weniger dadurch begründet ist, keine Lust auf normal lange Beiträge zu haben. Es fehlt aktuell vielmehr die Zeit, wie sonst ist zu erklären, dass der April gerade mal sechs Bänkelsänger-Beiträge enthält. Ich gelobe aber Besserung. Und für alle, die eigentlich das Mixtape als ersten Mai-Post erwartet haben, bitte ich noch um ein wenig Geduld, vermutlich komme ich erst in der kommenden Woche dazu. 

So, jetzt aber los mit: Alexander Tucker, Snowman und Son Lux.

Alexander Tucker - Dorwytch
Den hatte ich ja eigentlich als "interessant aber leidlich unhörbar" abgehakt, nachdem das letzte Album "Portal" zwar sehr gut war, aber dann doch zu selten im Player rotiert war. Irgendwas fehlte bei den stimmungsvollen Gitarrenarrangements des Engländers, der sich auch schon mal in gewagte Drone-Experimente verlor. Auf "Dorwytch" holt er vieles davon nach, zuviel könnte man auch meinen, denn die Folk- und Psychedlic-Pop-Songs sind allesamt von großer Intensität und verlangen doch nach der ein oder anderen Pause. 14 Stück sind es geworden und verlangen jede Menge Aufmerksamkeit, die man dem Album aber, am besten beim Träumen in der freien Natur, zumindest häufiger schenken sollte.


Son Lux - We Are Rising

Ryan Lott ist Son Lux und kommt aus New York. Auf dem Debut vor drei Jahren hatte er die kostbare Pretiose "Weapons" versteckt, einen Song der sich hinter dem dritten Portishead-Album hätte nicht verstecken müssen. Auf "We Are Rising" übernimmt "Flickers" diese Rolle. Vordergründig sicherlich Songwriter, schleicht ein Piano auf Katzenpfötchen durch Beats, Schlagwerk und filigrane Chorarrangements, teils so luftleer, das auch das diesjährige Referenzwerk James Blakes' nicht weit entfernt scheint. Allerdings gilt hier, wie bei beiden weiteren vorgestellten Alben: ohne gewisse Anstrengung macht das Zuhören nur halben Spass.


Snowman - Absence

Ach schade. War doch "The Horse, The Rat And The Swan" der experimentellen und avantgardistischen Rocker aus Australien mein heimliches Lieblingsalbum 2008, so kommt deren drittes Werk "Absence" bei weitem nicht an diese düstere und organische Stimmung heran. "Absence" ist dennoch ein mehr als hörenswertes Werk geworden, "Hyena" ist zum Bespiel ein hymnischer, verschachtelter Gruselspuk, in Gänze verliert sich dessen schaurige Wirkung allerdings in elektronischem Überfluss und zu viel konstruiertem Echochaos. Mit ein wenig mehr Songfokus und weniger Skizzenhaftigkeit hätte sich "Absence" sicherlich wieder im Vorderfeld der Jahrescharts platzieren können, so bleibt es gehobenes Mittelmaß.