Donnerstag, 28. April 2011

Arborea



Wunderliche Welten.

Arborea klingt mehr als naturverbunden. Um so sonderbarer erscheint es da, dass das neue Album von Buck und Shanti Curran "Red Planet" heißt, ein Name der ja eigentlich eher nach Weltraum, genauer nach Mars klingt.

Musikalisch lässt sich erst einmal nichts überirdisches festmachen, der Opener "The Fossil Sea" ist ein sanfter, instrumentaler Einstieg, danach sorgt das bordunbassbegleitete "Black Is The Colour" für angespannte Nackenhaare. Nicht weil es für unwegsame Spannungsmomente sorgen würde, vielmehr weil sich die säuselnde Stimme Shantis wie eine Decke in die Melodien einhüllt und es ein Leichtes wäre mit den Gitarren- und Steichersaiten um die Wette zu schnurren. Das folgende "Phantasmagoria In Two" bleibt ebenfalls gut zugedeckt, bei "Spain" hingegen darf auch schon mal ein elegant daherkommendes Cellolüftchen durch das Dickicht brechen. Nicht umsonst singt Shanti davon den Wind zu fangen, um die wohligen Gefühle noch einmal einfangen zu können.
Einerseits bietet "Red Planet" diese fabelhaften Sonntagmorgenmomente, während die Sonnenstrahlen auf die noch angewärmte Bettdecke fallen und die Gedanken noch zwischen Traum und Wirklichkeit pendeln, andererseits steigern sich die beiden aber auch darüberhinaus, wenn sie eingeleitet durch das namensgebende Instrumental "Red Planet" anschließend die Nacht beschwören. Über neun Minuten tauschen sie die Morgenröte mit dem Zwielicht, die vorher noch so beschauliche Idylle weicht einer spröden Abendlandschaft, die sicherlich auch vom ein oder anderen Krater durchzogen sein könnte. "Wolves", Wölfe heißt dieses wohl zentrale Stück auf "Red Planet", dass an längst vergangene Volksweisen erinnert, gebunden in eine mystisch-volkstümliche Erscheinung, karg und trotzdem vollmundig.
Shanti Currans Stimmfarbe begeistert dabei in allen Stücken mit prägnanter Brillianz, einerseits so ergreifend wie Sandy Danny und Anne Briggs, andererseits auch kindlich und naiv wie im atmosphärischen und nur mit blechernden Gitarrenklängen intonierten "Song For Obol" Dass beide Musiker über die ganze Album hinweg eine Vielzahl teils ungewöhnlicher Instrumente hinzuziehen, ist dabei weder verwunderlich, sondern erzielt vielmehr genau die Spannung, die "Red Planet" trotz allen Flusses zu einem aussergewöhnlichen Hörerlebnis werden lässt. 
Hinfort mit den Kategorien, weder irden noch überirdisch, sinnlich scheint das einzig selig machende Attribut zu sein, wie man hier sehen und hören kann:




Montag, 25. April 2011

Implodes



Flirrende Flammenschwüle.

Nahezu instrumentales Liedgut ist auf dem Bänkelsänger durchaus gern gesehen, nach den kosmischen Grouper-Klängen dürfen nun auch Implodes ihre weitaus irdischeren Klänge in den Äther schicken. "Black Earth" heißt deren Erstlingswerk und oszilliert geradezu spielerisch von shoegazernden Gitarrenwällen hin zu ambienten Schalleskapaden.
Implodes kommen aus Chicago und wandeln auf verschlungenen Drone-Pfaden einher, lassen aber durchaus auch von Ferne erschallenden Melodien ausreichend Raum, ohne gleichzeitig wiederum eingängig zu wirken. So scheinen bei "White Window" Wellen aus Einzeltönen direkt in die Gehörgänge zu springen, wenn da nicht im Hintergrund sakrale Harmoniegebilde vorbeihuschen. Die Gitarren im folgenden "Screech Owl" klingen wiederum wie ein Zwitterwerk aus Sonic Youth-Harmonik und skizzenhaften Shoegaze-Fragmenten. Unterstützt von erdigen Trommeltönen und mehrstimmigem Flüstern erwächst eine schier naturmystische Atmosphäre, die nie künstlich oder gezwungen wird, fast schon organisch winden sich langgezogene Töne durch die wie zufällig hingeworfenen Strukturen.
Sämtlicher Gesang wirkt dabei verwunschen, ja durchaus auch verwaschen und versteckt sich hinter den stoischen und nur sehr langsam bewegten Klängen. In den zugänglichsten Momenten, wie im nach vorne gespielten "Meadowsland" erinnert "Black Earth" an die Candy Claws oder an Altar Eagle, ohne jedoch deren süßliche GHrundstimmung einzufordern. Implodes kommen ohne den genretypischen Zuckerguss aus, sie schaffen es gar im "Song For Fuckin Damon II (Trap Door)" grantelnd zu klingen und verwischen hier ein paar ihrer vorwitzig gelegten Ambientspuren.
Sie erweitern diese dann vielmehr wie im schlingernden "Wendy" noch um psychedelische Wohlfühlmomente und schließen im letzten Stück "Hands On The rail" mit einem wohlfeilen Harmonieklang ihre Reise um die Welt voller Zufriedenheit.

Man lade,höre und staune: Oxblood

  


Montag, 18. April 2011

Grouper



Wunderweiße Nebelschwaden.

Anlässlich eines Mixtape-Austausches, ich glaube es war eine der längst vergangenen plattentests.de-Osterwichtel-Aktionen bekam ich es zum ersetn Mal mit Liz Harris, die in der Regel unter ihrem Moniker Grouper auftritt zu tun. "Fishing Bird" vom Album "Dragging A Dead Deer Up A Hill" war darauf enthalten und zog mit seinem sonnendurchfluteten Gespinst aus Klangschichten und einer aus fernsten Fernen erschallenden Frauenstimme in seinen Bann.
Nun sind mit "A I A: Alien Observer" und A I A: Dream Loss" gleich zwei nachfolgende Longplayer erschienen, die wiederum mit unglaublich weit in Raum und Zeit strahlenden Klängen auf sich aufmerksam machen. "Alien Observer" ist dabei eher von zurückhaltender Schönheit, nicht dumpf und dennoch eher von tief unter der Erde kommend. "Vapour Trails" ist hier das Prunkstück, gedämpfte Hammer- und Glockenschläge, ein simmernder, leidlich einlullender aber dennoch betörender Gesang, formlos und doch perfekt in die allgemeine Schwerelosigkeit eingebettet. Harris schlingert Sternenwolken entgehen, oder hangelt sich eben an den Kondensstreifen entlang, freischwebend, gerüstfrei und nahezu haltlos.
Ausufernder, jedoch ohne opulent zu wirken scheint hingegen "Dream Loss" wirken zu wollen. Die Strukturen verwischen hier noch stärker in großflächige Bruchstücke, ohne jedoch beliebig oder ziellos zu wirken. "Atone" ist gar so zerbrechlich, dass erst bei genauem Hinhören eine björkische Verwandtschaft erkannt werden kann, der Rest wallt und schwelt in breiten Bahnen vor sich her.
Grouper macht "Field Recordings" ohne Aufnahmegerät, viele ihrer ambienten und sphärischen Stücke klingen wie eine Momentaufnahme tief untem im Ozean oder weit über den Sternen, nie hektisch, immer bedächtig und entspannt.

Entschleunigung ohne Kalkül:

Donnerstag, 14. April 2011

Budam



Heavy Songwriting.

Die ersten 120 Sekunden von "The Fly" sind magisch. Selten findet sich ein Albumopener der einerseits verstört, gruselt, fasziniert und verzaubert gleichermaßen.
Budam, eigentlich Buì Dam ist ein Tausendsassa von den Faroer-Inseln und hat mit "Man" sein zweites Album veröffentlicht. Auf diesem neun Titek umfassenden Werk geht der umtriebige Musiker so viele unterschiedliche Wege, dass es einem schier schwindelig werden mag. Die Stimme durchaus dem Waitschen Klangkosmos entlehnt, darf aber auch den Vergleich mit Nick Cave, dem hochverehrten Mark Growden oder dem erst kürzlich hier vorgestellten Alexander Hacke wagen. Ist "The Fly" ein schleichendes Monster in Moll, reißt einem das stetig vorwärts taumelnde und schleppende "The Elephant" schier den Boden unter den Füßen weg und mit dem folgenden "The Man Who Knows Everything" darf auch ein zerstörerischer Pop-Song mit Geräuschen, Stimmen und Klängen aus allen Ecken des Raumes nicht fehlen.
"Man" ist eine Reise, die mit den eigenem Vorstellungsvermögen brechen kann und trotzdem ist das herbeigeführte Chaos zu keiner Zeit unkontrolliert. Budam schreit, kreischt, krakeelt und croont sich in Tonlagen jeglicher Couleur, lässt die Stimme überschlagen und bleibt trotzdem melodiös, wie im kirmesmusikalischen "The Bicycle" wo neben Pianoklängen dann auch mal Trompeten erschallen dürfen und die meist düstere Atmosphäre ein stückweit hintenan gestellt wird.
Es ist kaum verwunderlich, dass die wagemutigen Kompositionen auch auf der Bühne in wundersame Szenen verpackt werden, schließlich ist der Färinger nicht nur Sänger und Songwriter, sondern vor allem Künstler. Bildsprache als Konzept, verbunden mit Spiritualität, Raffinesse und einem gewissen Maß an Verrücktheit und Wahnsinn: "Man" greift immer und beständig von allen Seiten an. Wenn auf das nervöse "The Aeroplane" das fast schon kontemplative "You Are My Religion" folgt und die Stimme an den Inselnachbarn Teitur erinnert kommt man sogar in einen schwelgerischen Traumzustand. Das fibrige "God Is Fucking With Our Heads" wird dann wiederum durch das mit Spieluhr eingeleitete "Last Song" abgelöst, das Budam, wie viele seiner Stücke auch mit weiblichen Hintergrundvocals anfüllt. "All You Dream You Get To Keep" ist dann trotz des irreführenden Vorgängersongs letzter Song des Albums und gleichzeitig eine wunderbar behutsame Verabschiedung mit der Bitte, sich dieser Traumerlebnisse doch weiterhin bewusst zu werden. Mit größtem Vergnügen.

Und hier der Augen- und Ohrenöffner:

Mittwoch, 6. April 2011

Hits von gestern: And Also The Trees - My Lady D'Arbanville

Da ich mich heute darüber gefreut habe, diese Urväter des Düsterfolkrocks wieder mal in Münster im Gleis 22 sehen zu können, gibt's deren wunderbare Coverversion des Cat Stevens-Klassikers in voller epischer Breite allerdings leider mit einigen klanglichen Einschränkungen:

Montag, 4. April 2011

My monthly Mixtape: April



Für den April müssen selbstverständlich Frühlingsklänge her. Ob nun beim stimmungsvollen Osterfeuer, beim gemeinsamen Schokohasensuchen oder beim gemütlichen Sonntagsbrunch auf Balkon oder Terrasse, auf dem aktuellen Mixtape dürfte man durchaus fündig werden. Pop und Folk durch den Mixer gedreht, träumerische Balladen und sinnesfreudige Melancholiemomente: jedes der 20 Stücke punktet dieses mal mit erheblicher Unverwechselbarkeit und kann sicherlich mal mehr oder weniger auch in den Sommer hinüber gerettet werden. Wem dass übrigens nicht reicht, auf www.AUFTOUREN.de hat der Bänkelsänger zudem noch eine illustre Frühlingsauswahl zusammengestellt. Viel Spaß bei der Suche nach dem Frühjahrshit:

01. The Vaccines - Wreckin' Bar (Ra Ra Ra)
02. Slug Guts - Howlin'
03. The View - Grace
04. Slim Cessna's Auto Club - Three Bloodhounds Two Shepherds One Fila Brasileiro
05. The Rural Alberta Advantage - Tornado '87
06. First Nations - Secret Hymn
07. Erland and The Carnival - Emmeline
08. Hezekiah Jones - Cannonball (I've Got A Little Room)
09. The Last Morning Soundtrack - A Snowman In Summer
10. Hymns From Nineveh - So Mournful the Elegy, So Comforting The Hymn
11. Thousands - MTSES III
12. Declan de Barra - A City Somewhere
13. Scott Orr - In The Belly Of A Whale
14. King Creosote & Jon Hopkins - Bats In The Attic
15. Josh T. Pearson - Woman, When I've Raised Hell
16. Alexi Murdoch - Some Day Soon
17. The Mountain Goats - Never Quite Free
18. R.E.M. - ÜBerlin
19. Lykke Li - Unrequited Love
20. Max Raabe - Schlaflied

 
...und wem das alles immer noch nicht genug ist, bald ist das Mixtape auch wieder beim Radio der von Neil Young Getöteten zu hören, das aber ansonsten auch immer eine Hörreise wert ist.