Dienstag, 27. Januar 2015

Im Schnelldurchlauf – Frauen an die Macht



Schon im vergangenen Jahr buhlten so einige Musikerinnen um die vorderen Plätze in des Bänkelsängers' Jahreshitparade und kaum ist das Jahr ein paar Tage hat, versammeln sich schon ein paar weitere Hochkaräter, um auch 2015 für Furore zu sorgen.

Gerade erst in der ersten „Aufgemerkt“-Rubrik angesprochen, punktet der chansoneske Indiepop mit Folkanmutung von Leonie singt durch seine Vielfältigkeit, erwärmen aktuell auch noch Jessica Pratt, Tanya Tagaq, Björk und Natalie Prass Herz und Seele.

Jessica Pratt und ihr zweites Album „On Your Own Love Again“ habe ich bereits vor kurzem auf AUFTOUREN ein paar Zeilen gewidmet, doch auch hier soll das zarte und trotzdem unfaßbar intime Werk nicht unerwähnt bleiben. Stimmlich an der Kante zwischen Joanna Newsom und Angel Olsen, durchzogenen von feingeistigem Folkgespinst und voller vorfrühlingshafter Wärme schafft es einen zeitlosen, fließenden Klang. Jeder Song schreit nach Liebe, ohne aufdringlich zu wirken, die Gitarre, gerne ein wenig am eigentlichen Akkord vorbei, zwingt zum Tagträumen. Ein erstaunliches Album, dass vor allem in seiner Gesamterscheinung wirkt und nicht von ungefähr ein beinahe historisches Klangbild nahebringt.

 

Natalie Prass wird ähnlich wie Jessica Pratt gerade als neuer Star am Songwriterhimmel gefeiert. Deutlich am souligen Folk eines Matthew E. White orientiert, schlenkert sich ihr selbstbetiteltes Debüt durch ein sehr amerkanisch anmutendes Songbook, das erst nach und nach seine Höhepunkte preis gibt. Streicher, die sich anmutig um die sanfte, helle Stimme der nun in Nashville lebenden Musikerin winden, dazu ein Hauch fragiler Bläser die Stücken wie dem fabelhaften „My Baby Don't Understand Me“ deutliche Eleganz verleihen und den Abschlußsong „It Is You“, der wahlweise Freudentränen oder Stoßseufzer gen Himmel schickt. 


Leben die ersten beiden Alben von eher sanften, eleganten Tönen, gehen Björk und Tanya Tagaq eher experimentierfreudie Wege. Die Isländerin verarbeitet auf ihrem nunmehr (je nach Zählweise) achten oder neunten Soloalbum "Vulnicura" ihre Trennung von Mathew Barney in epischen und lautmalerischen Bildern. Streicherkaskaden, elektronische Brüche, Gastvocals durch Antony Hegarty und die Zusammenarbeit mit Arca sowie The Haxan Cloak sorgen für ein dichtes Werk, dass in ihrem Gesamtkatalog zwar durch nahezu vollständige Refrainlosigekeit auffällt, aber gerade im ausufernden „Black Lake“ und dem fremdartigen „Notget“ so einnehmend wie lange nicht mehr war. Ein Triumph (nicht nur) des Herzens.

 

Vierte im Bunde ist die kanadische Inuk-Musikerin Tanya Tagaq, eine ehemalige Wegbegleiterin Björks, deren aktuelles Album „Animism“ gerade im vergangenen Jahr den Polaris Music Prize gewonnen hat. Auch diesem Album habe ich bereits eine AUFTOUREN-Rezension gewidmet und auch hier möchte ich ein paar Worte über dieses ungewöhnliche Werk verlieren. Wer Tagaq kennt, weiß dass sie den Kehlkopfgesang meisterhaft beherrscht und ihn auf „Animism“ fantastisch einsetzt. Ihre Songs erzählen von ökologischen Herausforderungen, von Mensch- und Tierwelt und erzeugen einzigartiges und poetisches Bild auf eine Welt im Wandel, ohne einen überheblich mahnenden Zeigefinger zu heben. 



Montag, 12. Januar 2015

My (monthly) Mixtape - 2015/1



Huch, dass neue Jahr ist bereits 12 Tage alt und ich bin bereits dabei einen dritten Beitrag zu verfassen. Für das erste Bänkelsängermixtape habe ich mir dazu so ein paar besondere Schmankerln aus dem vergangenen Jahr aufgehoben, die es aufgrund meines unsteten Postingverhaltens nicht auf ein Mixtape, geschweige denn auf einen eigenen Beitrag geschafft haben. Doch auch ein paar neue (Vor-)Boten kommender oder bereits in den ersten Tagen des Jahres erschienener Alben haben es auf die Zusammenstellung geschafft, allen voran natürlich die erste Single vom neuen Decemberists-Album. Insgesamt herrschen ruhige und zurückgenommene Klänge vor, die gerne auch ein wenig episch ausgebreitet werden wie bei Damien Rice und Torgeir Waldemar. Und zum Schluß gibt's den vielleicht größten Hit des vergangenen Jahres, mit dem jetzt jeder, im Herbst aber niemand gerechnet hatte:

01. Damien Rice - It Takes A Lot To Know A Man
02. Megafortress - Live in Grace
03. Rocco DeLuca - Colors Of The Cold
04. Gravenhurst - The Citizen
05. Torgeir Waldemar - Across The River
06. Adrian Crowley - Some Blue Morning
07. Caleb Caudle - How'd You Learn (feat. Lydia Loveless)
08. Nathan Bowles - J.H. for M.P
09. Mysteries - Knight Takes Rook
10. Pink Lint - MMXI
11. John Southworth - Niagara Falls Is Not Niagara Falls
12. Leonie singt - I Wish I Could Sleep Like A Child
13. The Decemberists - Make You Better
14. Olli Schulz - Als Musik Noch Richtig Gross War
15. Panda Bear - Boys Latin
16. Wesley Wolfe - Lost in My Daydreams
17. Der Mann - Menschen machen Fehler
18. Wanda - Bologna

Welches Schweinderl soll's denn nun sein? Ich denke mit diesem Ohrenöffner können alle leben:


Montag, 5. Januar 2015

Aufgemerkt: Leonie singt




Noch habe ich Urlaub, noch kann ich mich dem wohlfeilen Sichten neuer Musik widmen und dem Gehörten auch ein paar ansprechende Zeilen gönnen


Bereits vor ein paar Wochen kam von Gutfeeling Records eine nette Promoanfrage zu Leonie singt alias Leonie Felle, doch im Advents- und Weihnachtstrubel ging das Album leidlich unter. Mit ein bisschen Verspätung war jetzt kürzlich der erste Hördurchgang fällig und schon wurde Gefallen gefunden an den zwölf Stücken ihres selbst betitelten Debütalbums das am 9.1.2015 erscheint.


Da werden schlaftrunkene Wiegenlieder im Walzertakt zur Akkordeonbegleitung angestimmt und Leonie singt in energisch süßlicher Weise von Wünschen und Fantasien. Gerne klingt sie dabei mal nach Chapeau Claque jedoch ohne deren Niedlichkeitsfaktor oder zumindest nach Susie Asado ohne deren Hang zum kapriziösen Kabarett. Spannend ist "Leonie singt" vor allem durch seine Vielfältigkeit. Doch nicht nur stilistisch bewegt sich Felle zwischen Pop, Folk und Chanson und wechselt hier im lauf des Albums munter durch Genres und Instrumentarium, auch die Zweisprachigkeit lässt viel Bewegung und Wandelbarkeit zu. So ist zum Beispiel "Schön..." ein erzählerisches Pop-Perlchen, dass sich munter in den Vordergrund spielt, doch dann taucht bei "In The Graveyard" eine singende Säge auf und vertreibt die hoffnungsfrohe Stimmung zu Gunsten eines melancholisch gespenstischen Auftritts der Sängerin. War deren Stimme vorher kalt, hell und freundlich, flüstert sie sich nun klammheimlich in das Stück hinein und sorgt für wohlige Schauer. Doch nicht nur die singende Säge bietet dem Wohlklang die Stirn, auch die leidlich bratzige Gitarre bei "Es ist noch nicht aller Tage Abend" oder beim shantyhaften "Roundaboutway" sorgt für das ein oder andere gewollte Störfeuer. 


Jetzt ist Leonie singt aber keine Einzelkünstlerin im  klassischen Sinne, sondern versteht sich auch klanglich durchaus als Band. Sascha Schwegeler spielt Schlagzeug, Hagen Keller Akkordeon und Gitarre, Jakob Egenrieder Bass und Leonie Felle singt (und spielt ebenfalls Gitarre). Gemeinsam mit Produzent Andreas Staebler entsteht ein Album, dem zwar durchaus ein  gewisser DIY-Charme anhaften geblieben zu sein scheint, dennoch klingt "Leonie singt" wie aus einem Guss. Die beiden letzten Stücke nehmen dann vielleicht auch ein wenig den womöglich besten Verwendungszweck des Albums vorweg, besingt Felle doch kurzerhand den "Scent Of Summer" und lässt auf "Lake" eben solchen zum Albumausklang dahinplätschern. Ein Album eben für die Mußestunden in der Sonne, dass aber auch an einem sonnigen Januartag durchaus Freude bereiten kann. 





Sonntag, 4. Januar 2015

Aufgemerkt: Small Houses



Frohes Neues Jahr!

Kurz bevor in den kommenden Tagen das erste "monthly Mixtape" des Jahres seinen Weg auf den Bänkelsänger findet, lassen wir mal eben Jeremy Quentin alias Small Houses zu Wort kommen. Der hat quasi mit dem ersten Glockenschlag 2015 seine Single "Staggers And Rise" beim kleinen und furchtbar neuen Bremer Label iamoldfashioned veröffentlicht und lässt im Februar  auch sein neues Album folgen, was auf den hübschen Titel “Still Talk; Second City" hört. Was wir hören ist erzählerische Singer/Songwriterkunst, mit Seele und Verve vorgetragen und ganz dem Namen des Labels entsprechend auch ganz schön "old-fashioned". Aber eben auch ganz schön gut: