...und plötzlich ist schon März.
Dieses Jahr ohne obligatorischen Kniefall, dafür mit einem ersten Text, der vielleicht sinnbildlich dafür steht, warum auf dem Bänkelsänger in den vergangenen Monaten ein wenig zu wenig passiert ist. Besserung gelobe ich mal lieber nicht, sondern lasse einen Gedankengang sprechen, der in Zusammenhang mit einigen generellen Überlegungen zur Rezeption von Musik und der damit verbundenen Wahrnehmung sowie einer unabhängig stattgefundenen kurzen Diskussion in ähnlichen Themenfeldern entstanden ist:
Ausgehend von einer inzwischen länger
zurück liegenden, aber dennoch spannenden Diskussion über
Wahrnehmung musikalischer Genres innerhalb der selbst defininierten
journalistischen Grenzen, habe ich mir mal selbst die Frage gestellt:
was höre ich und wenn ja wie viel davon? Bin ich noch der
selbsternannte „Folkie“, der sich fast ausschließlich über
meist dunkel gefärbte Songwriter aus den übergeordneten
Dunstkreisen Folk und alternativem Country freut und vor allem
Poppigem und Hip-Hoppigem zurückschreckt? Kann ich Genrefremdes
eigentlich ausserhalb der Geschmacksgrenzen bewerten bzw. beurteilen
oder einfach nur genießen und reicht ein schnödes „Gefällt
mir/gefällt mir“ nicht überhaupt noch aus?
Eine Erinnerung an das zuletzt Gehörte,
gibt ein wenig Aufschluss. Gerade im vergangenen Jahr spielten
Songwriter der Marke Damien Jurado, Nick Cave oder auch Sturgill
Simpson eine gewichtige Rolle, doch schlichen sich vor allem
experimentiell geartete Musiker dazwischen, solche die entweder durch
eine soundästhetische Annährung auffallen wie Ian William Craig
oder William Ryan Fritch oder solche, denen ein gewisser Hang zur
traditionellen Liedform nicht verschlossen ist wie DM Stith oder
Susanna. Doch was veranlasst mich über den immer noch ganz schön
breiten Tellerrand hinauszusehen? Ich habe immer schon Poppiges und
Rockiges goutiert, selbst der ein oder andere Hip Hop- oder
Soulkünstler oder experimentierfreudige Soundtüftler konnte mich
begeistern und auch bei dem ein oder anderen Vertreter der härteren
Gangart konnte ich nicht Nein sagen. Genres mit denen ich gar nichts
anfangen konnte, bewegten und bewegen sich in den kleinsten Nischen,
so dass ich mir im Stillen die Frage nach dem „Was hörst du?“
mit dem ungeliebten, diffusen „eigentlich alles“ beantworten
musste.
Doch wie differenziere ich eigentlich,
was ich höre? Die schier unendlichen Möglichkeiten Musik zu
konsumieren sind grenzenbefreiter denn je und egal ob auf legalen,
grauen oder nebulösen Wegen einfach und dadurch auch ganz schön
wahllos geworden. Suche ich speziell nach dem einen Interpreten, von
dem ich eh alles konsumiere, was veröffentlicht wird, suche ich nach
Genres, nach Spielarten, nach musikalischer Varianz, nach Zweckmusik?
Wenn ich denn dann fündig werde, stellt sich die Frage nach der
Reihenfolge: was wie und in welcher Häufigkeit? Höre ich das Stück
nur der geraden gelesenen guten Kritik wegen oder aus Neugier oder
gar Gewohnheit? Nehme ich mir ein Album in vollem Umfang zur Brust
oder seziere ich Erworbenes oder Heruntergeladenes zuerst in Stücke
um dann zu entscheiden, was gefällt und was eher hinten
herüberfällt? Sortiere ich gar zunächst und lasse somit
Überraschungen und Unerwartetes unbewusst hinten herunter fallen,
den Gedanken im Kopf, irgendwann hören wir uns eh wieder?
Gerade die schier unendliche Menge an
jungen Männern mit Gitarre, dieser so genannten Singer/Songwriter
eignet sich vortrefflich für eine Beobachtung, denn da
Ausgangsvorraussetzungen an Instrument und Stimme bzw. Stimmfarbe
ähnlich sind, verläuft sich die Auswahl der konsumierten Songs und
Alben gerne im Zufall. Dann spielt auf einmal Optik, Titelbezeichung,
vielleicht gar ein erster flüchtiger Eindruck die Rolle und schon
läuft ein Album, das tausenden anderen in kaum etwas voraus ist,
aber eben durch ein spezielles Momentum die Nase vorn hat. So landet
eben ein A. Dyjecinski oder ein Torgeir Waldemar eher in der
Ohrmuschel, denn der umtriebige und nicht minder talentierte Conor
Oberst, da ja schließlich eine maximale musikalische Breite nicht
nur in der Genrevielfalt liegt, sondern auch in dessen Ausbau und
Facettierung. Geht man gar über die journalistisch und rezeptionell
vorgeschlagenen Genregrenzen hinaus und tummelt sich in Grauzonen, in
denen sich diese Musiker mit Artfremdem verquicken, bekommt die Suche
nach dem einen speziellen Künstler, den zu Hören einem ein gewisses
Maß an Wissensvorsprung garantieren könnte, eine geradezu
jagdähnliche Anmutung. Doch wann endet dann das genussvolle Zuhören
und das sich von einem Musiker oder dessen Kunst vereinnahmen lassen,
dass eben durch die Vielfalt im Keim erstickt werden könnte. Gerade
wenn die Rezeption von Musik im Kampf gegen den bloßen Konsum
Oberhand zu nehmen scheint, ist dann wohl schlussendlich ein leichter
Schritt zurück von Nöten und die Rückbesinnung auf bereits
Gehörtes und unendlich lieb gewonnene selbsternannte Klassiker, bei
denen es zuletzt eben keine Rolle mehr spielt, warum sie gehört
werden.
Ohne Ohrenöffner läuft hier nach wie vor nix, ich greife mal auf die bereits in der
Facebook-Zwischenmahlzeit erwähnten Bonny Doon aus Detroit zurück, deren selbstbetiteltes Album am 10.03.2017 erscheint und dessen zweite Single sich aufgrund ihres weichen Grundcharakters nicht nur als Hintergrund geradezu fabelhaft in Szene setzen kann: