Dienstag, 22. Dezember 2015

Hitparade - Die Alben des Jahres 2015


Auch dieses Jahr soll eine Hitparade der tollsten, hörenswertesten, überraschendsten und spannendsten Alben nicht fehlen. Insgesamt überrascht in diesem Jahr eine Hinwendung zum Pop, der mal elegant, mal raffiniert, mal experimentiell und mal sogar avantgardistisch dargeboten wird. Doch auch Freunde bänkelsängertypischer Musik kommen auf ihre Kosten, sorgen doch auch ausgewählte Schmankerln aus den Sparten Folk, Alt-Country und Americana für Furore. Und nun Vorhang auf für die Top 40:

 01 Destroyer – Posion Season

Schon nach zwei bis drei Hördurchgängen stand fest, dass Den Bejar dieses Mal etwas noch Großartigeres geschaffen hatte, als auf seinen vorherigen Alben. Süffiger, raffinierter Pop, der sich geschmeidig in alle Richtungen ausstreckt und vor Verve und Eleganz nur so strotzt.

02 Daniel Knox – Daniel Knox

Daniel Knox steht der diesjährigen Nummer Eins in fast nichts nach, bedient er doch ähnliche Aufnahmekanäle. Auch hier überzeugen die  feingesponnene Arrangements, die Knox mit seinem überragenden Bariton noch veredelt.

03 Roomful Of Teeth – Render

Nahezu gänzlich ohne Instrumentarium sorgen Roomful Of Teeth dieses Jahr für die Überraschung auf dem Bänkelsänger. Klassischer Kammerpop von neun Ausnahmestimmen, herausragend im Konzept, vortrefflich in der Ausführung.
 
04 John Grant – Grey Tickles , Black Pressure

Das verquerste Album Grants ist zugleich sein bestes. Das liegt nicht nur am alles überstrahlenden "Disappointing", vielmehr versammelt Grant hier all seine Tugenden und Boshaftigkeiten und formt ihnen perfekt passende klangliche Rahmen.
 
05 Joanna Newsom – Divers

Heiß ersehnt und gleich wieder verliebt. Dass "Divers" ihr vielleicht konventionellstes Album sei, wurde aller Orten bereits diskutiert, wenn aber Konvention zu solch fabelhaften Kompositionen wie dem ätherischen Titeltrack oder dem samtenen "Leaving This City" führt, bin ich mal ausnahmsweise Fan der Konvention. 

06 Julia Holter – Have You In My Wilderness

Auch Julia Holter baut ihre Sounds weiter zu verführerischen unnahbaren Popsongs aus, und erschafft trotzdem turmhohe Gefühlswelten, die zwischen Autobiographischem, Weltschmerz und sanfter Psychologie oszillieren.  

07 Chelsea Wolfe – Abyss

Die dunkle Note meiner Top Ten stammt eindeutig von Chelsea Wolfe, deren nokturne Klanggewalt enorme Vehemenz gewonnen hat. "Abyss" ist ein gravitätischer Tiefenrausch voller Verletzlichkeit, doch flicht sich immer wieder metallisch glänzende Melodien ein.

08 Sarah Kirkland Snider – Unremembered

Dass es ein Komponistenalbum in die Top Ten schafft, war ebenfalls nicht vorauszusehen. Doch was Sarah Kirkland Snider auf "Unremembered" DM Stith, Shara Worden und Padma Newsom in den Mund legt, sind wohlfeile Kunstlieder voll von Kindheitserinnerungen. 

09 Circuit Des Yeux – In Plain Speech

Kapriolenschlagener Art-Pop an der Grenze zum Experiment mit Exkursen in aller Herren Genres: "In Plain Speech" ist ein Gesamtkunstwerk, an dessen Spitze das himmlische "Fantasize The Scene" steht.

10 Josh Ritter – Sermon On The Rocks

Ein bisschen "echter" Folk und Country sollte sich auch noch in den Top Ten tummeln und so sorgt Josh Ritter mit seiner hervorragenden neuen Songsammlung, in denen vor allem die Singalongs "Getting Ready To Get Down" und Henrietta, Indiana" sowie das pianogetränkte Spoken-Word-Wunder "Homecomin'" hervorstechen.

Den Rest nach den Zehn gibt es wieder in Listenform. Hier tummeln sich liebgewonnene Lieblingsbands, überrragende Newcomer, spannende Quereinsteiger und erstaunliche Grenzgänger:

11 Father John Misty – I Love You, Honeybear
12 The Decemberists – What A Terrible World, What A Beautiful World
13 Autre Ne Veut – Age Of Transparency
14 Tocotronic – Tocotronic (das rote Album)
15 Ryley Walker – Primrose Green
16 Marlon Williams – Marlon Williams
17 Susanne Sundfor – Ten Love Songs
18 Matthew E. White – Fresh Blood
19 The Mountain Goats – Beat The Champs
20 Will Varley – Postcards From Ursa Minor

21 Brandown Flowers – The Desired Effect
22 Noah Gundersen – Carry The Ghost
23 Algiers – Algiers
24 Myrkur – M
25 Wanda – Bussi
26 Sufjan Stevens – Carrie & Lowell
27 Jonas Carping – Cocktails & Gasoline
28 Natalie Prass – Natalie Prass
29 Trembling Bells – The Sovereign Self
30 Jessica Pratt – On Your Own Love Again

31 Alasdair Roberts – Alasdair Roberts
32 The Dropout Patrol – Sunny Hill
33 Jackie Oates – The Spyglass & The Herringbone
34 Federal Lights – Coeur De Lion
35 Punch Brothers – The Phosphorescent Blues
36 Binoculers – Adapted To Both – Shade And Sun
37 Romano – Jenseits Von Köpenick
38 Red River Dialect – Tender Gold And Gentle Blue
39 Bilderbuch – Schick Schock
40 Tom Liwa Mit Flowerpornoes – Umsonst & Draußen

Vielleicht schicke ich am Jahresende noch ein "Und sonst?" nach, das jene Alben, EPs und Songs beinhalten soll, denen zumindest eine oder mehrere lobende Erwähnungen gebühren und die sonst nirgendwo auftauchen. Bis dahin rate ich zum Ohrenöffner, der dieses Mal Platz 3 gebührt:

 

Montag, 21. Dezember 2015

Hitparade - Die Songs 2015



Während im Hintergrund Stara Rzekas Album „Zamknely sie oczy ziemi“ sich seinen Weg in die Gehörgänge bahnt und ich noch am Jahresende noch auf der Suche nach dem ultimativen Geheimtipp oder der übersehenen Pretiose bin, kann ich ja schon mal anfangen, ein wenig Jahresrückblick zu wagen. Völlig untypisch, geht es dieses Mal mit den Songs los, die mich in den vergangenen 12 Monaten begeistert, erschüttert, weggeblasen, erheitert, gefangen genommen, fasziniert und aufgerüttelt und mir wahlweise Stehhaare, Freudentränen, Lächeln ins Gesicht oder spontane Gefühlsregungen in Gesicht und Körper verursacht haben.
Waren sonst die Albenbeiträge, die ohnehin schon in meiner Jahreshitparade auftauchen, nicht namentlich erwähnt, gehe ich dieses Jahr auch hier andere Wege und beschreibe nicht mehr und nicht weniger die Top Ten meine Lieblinge in Wort und Ton (sofern vorhanden.)

Vorhang auf:

1 John Grant – Disappointing

Dieses Jahr führte kein weg an John Grants Hymne an die Liebe vorbei, "Disappointing", gemeinsam mit Tracey Thorn kongenial im Duett fabriziert und mit hinreißenden Bildern im dazugehörigen Bildern versehen:



2 Dawes – All Your Favourite Bands

Dawes haben neben John Grant wohl den besten Mitsingrefrain geliefert, mit dieser wundervollen Zeile, die sowohl Hoffnung, Melancholie als auch Wunschdenken vereint: "and may all your favourite bands stay together":

3 Josh Ritter – Getting Ready To Get Down

Unterschätzen wird Josh Ritter nach mehreren tollen Alben in Folge niemand mehr, das beweist er auch auf seinem aktuellen Werk "Sermon On The Rocks". Und  wenn dort solch schmissiger Roots-Rock-Line-Dance-Country drauf ist wie bei dieser Augenzwinkerei kann nichts schief gehen: 


4 Nathaniel Rateliff & The Night Sweats – S.O.B.

Den hatte ich vorschnell zum Hit des Jahres gekürt, jetzt reicht es nicht mehr ganz für das Treppchen. Egal, "S.O.B." ist immer noch ein heißer Feger aus kontemporären Rhythm'n'Blues, zu dem man einfach tanzen muss:



5 Destroyer – Times Square

Vorweggenommen: Destroyers "Time Square" steht hier stellvertretend für eine ganze Reihe an Songs auf dessen Album "Posion Season", doch dazu später mehr. Funkelperlenschöner lupenreiner Pop für die blaue Stunde:




6 Love A – 100.000 Stühle Leer

Deutscher, zugegeben angepoppter Punk findet außerhalb von den mir sehr verehrten Turbostaat nur sehr sehr selten auf dem Bänkelsänger statt. Love A mit ihrem wichtigen "100.000 Stühle leer" könnten hier (mit dem insgesamt auch sehr ansprechenden dazugehörigen Album "Jagd & Hund")  für Abhilfe schaffen:



7 Father John Misty – Bored In The USA

Ziemlich zu Anfang des Jahres sorgte diese herausragende Hommage an den barocken Pop der 60er-Jahre mit dem zynischen Text für Furore, und hat sie sich bis heute bewahrt:


8 Autre Ne Veut – Age Of Transparency

Ein Future-Soul-Künstler, bei dem ich mich dieses Jahr nicht entscheiden konnte. Das Album eine Großtat, doch der Titelsong noch viel viel größer. Allein der Chorus und das schmelzende Saxophon versetzen Berge:



9 Brandon Flowers – Can't Deny My Love

Der hartnäckigste Ohrwurm des Jahres gebührt Brandon Flowers, dessen "Can't Deny My Love" einfach überall funktioniert, beim Autofahren, beim Bügeln, Kochen, in der Disco:


10 Tocotronic – Jungfernfahrt

Lärmiger Pop mit Selbstbezug. So schön konnte man schon lange nicht mehr mit den vier Jungs schwelgen. Und live waren sie ein Triumph (und wer sich jetzt wundert warum da unten "Zucker" läuft, leider war es mir nicht möglich ein adäquat einbettbares Klangbeispiel zu finden, und "Zucker" ist mittlerweile fast eben so stark):



Die weiteren Plätze im Überblick sehen dann wohl so aus:

11 Will Varley - As To My Soul
12 Jan Koch und das alte Cello – Seemannsgarn
13 Sfir – (Der Geruch von) Große Welt
14 Circuit des Yeux – Fantasize The Scene
15 The Decemberists – Cavalry Captain
16 Tom Liwa mit Flowerpornoes – Federkleid
17 Majical Cloudz – Silver Car Crash
18 Will Butler – Anna
19 Miguel – Coffee
20 Daughn Gibson – Shatter You Through