Mittwoch, 29. August 2012

The Dropout Patrol



Verletzliches Popmelodram mit Folkakzenten.

The Dropout Patrol kann deine heimliche Lieblingsband werden. Vor allem dann, wenn melancholische und wahre, ruhige und nachdenkliche, verletzliche und kraftvolle Indiepopmomente zum Lieblingsgenre gehören. Doch auch bei allen anderen solllte das selbstbetitelte, am morgigen Freitag via K&F erscheinende Album mindestens einmal einen Hördurchgang bekommen, denn der feinsinnige Pop der Band um die Sängerin Jana Sotzko hat es allemal verdient.

Fast müßig erscheint es einzelne Songs des Albums hervorzuheben, wohnt ihnen doch alle eine sypathische Gemütsruhe inne, die mal mehr mal weniger aufmüpfig mit dem folkinfizierten Indierock eines (mal wieder) frühen Damien Jurado oder Songs:Ohia anbändeln. Sotzko ist dabei zwar Hauptfigur, lässt ihren Kollegen an Schlagzeug, Bass und Gitarre aber mindestens genügend Raum für eigene, meist wohldosierte Ausbrüche. Herzstück auf "The Dropout Patrol" ist das fabelhafte "It May Be That We Are Passing Through Difficult Landscapes", dass einen leidlich pessimistischen Anstrich in warme Farben hüllt und so den besungenen "Ghost Towns" den richtigen Anstrich verleiht. Generell herrscht keine durchweg freudestrahlende Stimmung, die jetzt schon leichtherbstlich colorierten Stücke wechseln auch schon mal mit monochromem Glanz. Ganz besonders fällt das direkt zu Beginn bei "Other People's Problems" und "The Great Hesitation" auf, die verhalten, aber dennoch stetig vor sich hin schreiten, aber längst kein frühlingsfrischen Sprimginsfeld vor sich her schubsen. 

Es ist bezeichnend, dass The Droupout Patrol sich nicht immer zwingend an den erstbesten Tempi und Rhythmen aufhalten, mal wird verschleppt, dann wieder angezogen, erzeugen sie doch auf Albumlänge Bilder und Geschichten, die auch nicht in einem Fluss daherkommen, sondern sich verändern, neu zusammensetzten und wieder neu gemischt werden. Mittel zum Zweck ist hier vor allem das sehr präsente Bassspiel von Stefan Diessner und Ullrich Kalliske, die sich an Bass und Gitarre abwechseln. Doch auch Schlagzeuger Kristof Künssler variiert zuweilen fintenreich, dass ein stimmiger, zuweilen etwas zu stimmiger Gesamteindruck entsteht. Ein paar Kanten dürfen sein, wie bei "Find It At The Bottom Of The Lake" mit seiner spannenden choralen Linienführung oder der Single "MUYM", die Sotzko und Kumpanen verdächtig nah an frühe 80er-Jahre-Tristesse heranführt.

Doch lässt The Dropout Patrol insgesamt auch einige Wünsche nur angerissen, ist deren Album doch ein mehr als erfreuliches und vor allem persönliches Erlebnis, dass im November bei schattenden Grautönen sicherlich noch viel intensiver wirkt.

Donnerstag, 16. August 2012

Heyward Howkins

Noch'n Lied.

Das. Nur das! So. Genauso! Und eigentlich immer besser werdend. Wovon ich hier spreche? Heyward Howkins. Und warum? Weil sein Album "The Hale & Hearty" Spaß macht, zum Nachdenken anregt, genau die richtige Menge an dunklen Facetten bereit hält, um dem Bänkelsänger Freude zu bringen und vor allem eins ist: sehr sehr gut.

Mit einigen, zuweilen durchaus namhaften musikalischen Meriten gesegnet und einer choralen Vergangenheit behaftet, versteht man das Soloalbum des Amerikaners so ziemlich auf Anhieb. Folk, der auf der einen Seite die samtene Bettschwere der britischen Barden birgt, auf der anderen Seite aber auch rauh und borstig wirkt und sich zuweilen amerikanischer Hobo-Mentalität annähert. Howkins ist darüber Sänger genug, um den zuweilen kantigen Stücken Fluss und Linie zu geben, vielmehr fusioniert er seine helle Stimme aber mit unterschiedlichsten Gitarrenvarianten, dass allein daraus ein veritabler Mikrokosmos entshen könnte.

Doch davon nicht genug, allein Produzent Chet Delcampo steuert noch einen ganzen Banzen weiterer Melodiezaubergeräte hinzu und schaut man sich die Auflistung aller vorkommenden Instrumente auf der bandcamp-Seite an, bekommt man einen ziemlich guten Eindruck vermittelt, was Howkins auf "The Hale & Hearty" zelebriert. Interessantestes Merkmal ist häufig die verstärkte Akustikgitarre, die Rhythmusgeber, Perkussionsgerät und Klangraum gleichzeitig ist und klar die Marschrichtung vorgibt. Hierbei erstaunt es zuweilen, wie leichtfüßig Themen, Melodien und Rhythmen mal eben von unten nach oben gekehrt werden, gerne auch unter Zuhilfenahme vom übrigen Instrumentarium. Beispiel hier ist das variable "The Raucous  Calls Of The Morning" aber auch das in auffälligem Beinahesprechsingsang vorgetragene "Spanish Moss" überrascht mit Vielfalt und trotzdem größtmöglicher Eingängigkeit. 

Zuweilen kommt es zu fast schon traditionellem Songwriting, vor allem wenn wie bei "Flash Mob" mit Steicherdopplungen gearbeitet wird, doch eigentlich dauert fast nur weitere 30 Sekunden, dann wird aus dem schlichten Folksong ein trickreicher Popsong, der trotz allem nicht angestrengt wirkt. Da kommt einem Damien Jurado in den Sinn, der auf seinen letzten Alben ähnlich abwechslungsreich, aber dann doch weniger vordergründig vorgeht, bei Howkins erscheinen viele Songs eben wie spontane Einfälle, was manchmal zu Lasten des Flusses geht, der zum Beispiel beim ebenfalls ähnelnden Jens Lekman viel seltener gebrochen wird.

Heyward Howkins macht aber auf "The Hale & Hearty" viel zu viel richtig, als dass man hier ernsthafte Kritik äußern müsste, und da sich ja nach dem aktuellen Zwischensommerhoch auch wieder Herbstfarben aufdrängen werden, darf man dem Album gerne einen Platz für die gemütlichen Balkon/Terrasse/Kuscheldecke/Kamin/Rotwein/Tee-Abende reservieren. Funtioniert aber jetzt genauso gut! 


 




Samstag, 11. August 2012

Bretterbauer



Rio, Selig, Finkenauer.

Ob dass den vier Jungs von Bretterbauer wohl eher weh tut oder freut, wenn sie die ersten drei aufkommenden Assoziationen mit ihrem am 17.08.12 via Global Satellite erscheinenden Album "Bretterbauer" hier nachlesen?
Sicherlich weniger, wenn sie wüssten, dass alle drei für den Bänkelsänger eine gewisse Relevanz nach sich ziehen und auf jeden Fall wohlmeinend, denn vergleichend oder gar kritisierend verstanden werden sollen. Doch genug der Vorrede, hier soll es schließlich um das Album an sich gehen. 

Bretterbauer kommen aus Österreich und sind zunächst mal ganz schön laut. Indie-Rock (ohne Folk) ohne große Schnörkel, dafür mit Schlenkern in Synth- und Wavegefilde, der fast immer knochentrocken, aber nicht ohne Esprit daherkommt. So fangen "SVA" und die Single "Dörte" (die man sich hier frei downloaden kann) ziemlich roh und gewaltig an, verblüffen aber mit Texten, die ironisch und ehrlich zugleich wirken und darüber hinaus eben an die lyrischen Sprenkel eines Jan Plewka erinnern. Die Stimme von Jakob Bretterbauer erinnert zuweilen auch eben an jenen, doch größter Einfluss ist sicherlich der alles überstrahlende Rio Reiser. Mal kehlig, mal nölig, doch immer auf den Punkt wie im gradlinigen "Komm näher" oder im textlich herausragenden "Schauspieler". 

Besonders auffällig sind aber die Stücke, die sich eben mal nicht die volle Breitseite geben. Da drängt sich das tolle "No. 1" in den Vordergrund, und das erinnert eben an das herausragende letzte Album "Finkenauers", immer eine Spur daneben liegend und dennoch so pointiert wie möglich nach vorne stürmen.
 Dass das Album mit seinen insgesamt 14 Stücken zuweilen ganz schön fordert und aufgrund der zur Schau gestellten Lautstärke manchmal auch die Grenzen überschreitet, mag ein Manko sein, man muss es ja aber auch nicht immer am Stück hören. Wenn man sich dann aber schon die Rosinen herauspickt, sollte der Griff aber zum einen auf jeden Fall zu "Stille Raucher" gehen, dass das Album fast schon realphilosopisch abschließt, zuvor gilt es aber auch noch der rauh-rauchigen Version des Ton Steine Scherben-Klassikers "Wir müssen hier raus" ein Ohr zu leihen, denn so schön hat sich zu Reiser-Texten schon lange kein Hinterground-Keyboard mehr für heimliche Hitmomente empfohlen.

Bretterbauer können ganz schön viel und das ganz schön laut. Die Dosierung ist ganz schön üppig, daher wäre eine Feinjustierung auf Dauer sicherlich keine schlechte Idee, für den Moment ist's aber sehr gelungen.


 






Mittwoch, 8. August 2012

Mandrax Icon



Bänkeln auf Portugiesisch.

Es ist doch immer wieder überraschend aus welcher Herren Länder sich inzwischen nette Promoanfragen auf dem hiesigen Schreibtisch einfinden. Portugal hatten wir noch nicht so häufig, daher habe ich mich schon ganz schön über die Anfrage des neuen Label Nostril Records gefragt und gespannt den ersten Klängen von Mandrax Icon gelauscht.

Mandrax Icon ist Márcio da Cunha und hat mit "Mary Climbed The Ladder For the Sun" ein hübsches, fast schon aufreizend traditionelles Songwriteralbum aufgenommen, dass wahlweise britische und amerikanische Historie atmet und vor allem vom variablen Gitarrenspiel des Musikers lebt.

Immer zwischen Lagerfeuer und Waldhüttenromantik, doch nicht hoffnungslos verklärt versucht sich da Cunha als Geschichtenerzähler und lässt sich dabei auch immer wieder von Mitmusikern unterstützten. Wenn sich jedoch kurz vor Schluß dass wundervolle "The Phoenix Shall Rise" aus dem Album erhebt und der Sänger mit Crooner-Stimme zu schlichten Gitarrenakkorden beginnt, bekommt "Mary Climbed The Ladder For The Sun" noch mal ein ganz besonders Moment. Natürlich sorgen hier auch zum Ende hin Violine und Flöte für anheimelnde Momente, doch ist Mandrax Icon am stärsten wenn er wirklich nur mit seiner Stimme und der begleitenden Gitarre vom Wüten der Welt erzählt.

Er variiert hierbei und lässt den Stücken auch schon mal epische Breite, dass abschließende "Sand Of Time" entfaltet sich zum Beispiel nur mählich, konzentriert sich weitestgehend auf das pendelnde Picking des Musikers, der seine Vorbilder in der Hinsicht auch gerne bei John Fahey oder Jack Rose sucht. Das merkt man dem Album durchaus an, immer dann wenn die instrumentalen Momente überwiegen, fühlt es sich wie ein Sog an, dem es sich nicht so einfach zu entziehen vermag. 

Doch auch die weniger komplexen Stücke des Albums überzeugen durch die feine Spannung, die sie durchzieht. Ob das eröffenende "Dead Joy", dass an die ebenfalls portugiesischen A Jigsaw erinnert, das nach vorne treibende "Ginger Eyes", dass sich aber auch gerne in bluesige Geflide zurückschleppen lässt oder das fingerfertige Titelstück, Mandrax Icon bedient eine ganze Reihe von Facetten, denen man auf jeden Fall mal mehr Aufmerksamkeit schenken sollte. Da tolle daran ist: Digital darf man sich das Album via bandcamp kostenlos herunterladen. Wer sich alsdo nur einen Hauch für ein wirklich ansprechendes Songwriter-Debut interessiert, darf dem spannenden Musiker gerne ein Ohr schenken.

Mittwoch, 1. August 2012

My monthly Mixtape: August


Surreal ist er schon dieser Sommer. Wechsel- und sprunghaft sowieso und eigentlich ist er ja auch gar keiner. Gut, dass auf dem Mixtape schon mal ein wenig Herbstluft geschnuppert wird und sich unter anderem Vorboten der Alben der Mountain Goats und Jonas Carping versammelt haben. Dazu kommen ein musikalischer Hörbuchauszug aus Australien, ein leichthin Selbstmord-Song genanntes Cover des wohl besten Folkcrooners diesen Jahres, diesere Pop- und Post-Punk-Hymnen garstigster Machart und und und... Man suche sich seinen persönlichen Favoriten und lausche der eklektischen Mischung mit der ihr geboteten Ehrfurcht:

01. Lawrence Arabia - Travelling Shoes
02. Joshua Hyslop - Hallelujah
03. Grand Salvo - The story of May 20th, 1929
04. Jonas Carping - Sideways
05. Strand Of Oaks - Last Grains
06. Dusted - (Into the) Atmosphere
07. Skinny Lister - Trawlerman
08. The Mountain Goats - Cry for Judas
09. Matt Elliott - Gloomy Sunday
10. Frank Ocean - Bad Religion
11. Sam Reynolds - Row Your Boat
12. Mothlite - Seeing in the Dark
13. Wymond Miles - Run Like the Hunted
14. The View - Bunker (Solid Ground)
15. The Gaslight Anthem - Howl
16. The Blue Angel lounge - Ewig
17. Holograms - Monolith
18. Graveyard Train - I'm Gone
19. The Felice Brothers - Panther at the Zoo
20. The Daredevil Christopher Wright - The Animal of Choice



NB: Ich weiß ich schwächle ein wenig, doch ich gelobe Besserung, dass dieses und auch die bislang noch nicht hörbar gemachten Mixtapes ihren Weg auf das "Radio der von Neil Young Getöteten" finden.