Mittwoch, 20. Mai 2015

Aufgemerkt: Sophia & Beni



Wie ein Wiedersehen mit alten Freunden.

Anfang 2012 hatte ich bereits auf das nach wie vor sehr stimmige Album des Liedermachers Beni Feldmann hingewiesen. Nachdem ich seinem abwechslungsreichen Gebräu aus klassischen Volksweisen und zeitgenössischer Liedermacherei danach auch live lauschen und dabei feststellen durfte, dass er numehr in trauter Zweisamkeit gemeinsam mit Sophia Spöler unter dem Namen Sophia & Beni musiziert, gibt es nun Nachschub.

Jetzt liegt deren erstes Album "Friedensstrasse" vor und dieses setzt genau da an, wo "Ich schreibe einfach einen Song" aufhört. 12 Songs, die gleichsam auf der Straße, am Lagerfeuer, im Konzertsaal oder in den Fußgängerzonen und Wohnzimmern dieser Welt funktionieren. Sophia & Beni schleichen sich dabei wie vertraute Freunde an das Ohr des Hörers und nehmen ihn mit auf eine Reise, die unter anderem deutsches und irisches (Volks-)Liedgut streift und sowohl instrumental als auch durch die Dreisprachigkeit einige Überraschungen bereit hält.

Gab es auf Benis Debüt noch einige sprachliche Stolperer, fallen dieses Mal vor allem die anglophilen Stücke positiv auf, deutlich voran das federleicht wippende "Dance, Darling", dass der besten und schönsten Wirtin Münsters gewidmet sein soll und, hört man den zärtlichen Ton in der Stimme des Sängers und die sanft vor sich hintänzelnde Geige von Sophia, die zum Stelldichein bittet, scheint da nicht nur ein Körnchen Wahrheit im Ursprung zu liegen. Doch auch das vor allem von Sophia gesungene und von Leo Moran von den Saw Doctors geschriebene "Clare Island" weiß durch eine feine Nuancierung zu überzeugen. Vor allem dann, wenn beide Musiker zusammen singen, entpuppt sich das gesamte Potential des Duos, deren Kunstfertigkeit aber trotzdem vor allem in der filigranen Beherrschung ihrer Instrumente liegt. Das zeigt sich in den beiden Instrumentalstücken "Golden Nugget" und "Der Rote Corsa®", ersteres eine virtuose und vor allem furiose Violinenphantasie, letzteres eine Hommage an das erste Bandfahrzeug, dem die Liebe zum Touren und "Unterwegs Sein" aus jedem Takt entgegenspringt. 

"Friedensstraße" zeigt in vielen Momenten einen sehr souveränen Umgang mit dem Medium "Lied", denn Sophia & Beni schaffen es, neben vielen Eigenkompostionen und Inspirationen, auch fremde Texte und Töne in ihr breites Oeuvre zu integrieren. So darf ein spanischer Folkschlager namens "Eu Quero Apenas" aus der Feder von Roberto Carlos ebensowenig fehlen, wie die auch schon auf Benis Debüt vorgenommene Würdingung Hannes Waders mit "Unterwegs nach Süden", die tolle Volksliedinterpretation von "Bunt Sind Schon Die Wälder" darf dabei nicht unerwähnt bleiben.

Sophia & Beni machen auf "Friedensstraße" vieles richtig und haben es vor allem geschafft, ein Album zu erschaffen, dem man die Straßen und Wege anhört, auf denen die einzelnen Stationen und Situationen erschaffen wurden und viel besser noch, sich tatsächlich abgespielt haben.  

Was fehlt? Ein Ohrenöffner und der Vorschlag die beiden auf ihrer Homepage, ihrer Facebookseite und auf den kommenden Konzerten zu besuchen. 

 






Montag, 18. Mai 2015

My (monthly) Mixtape 2015/5



Nach dem Mixtape ist vor dem Mixtape und so kommt es auch schon Mitte Mai zur 5. Ausgabe des laufenden Jahres. Dieses Mal übernehmen psychedelische und verschwurbelte Momente einen Großteil der vorgestellten Songs, doch auch klar akzentuierter Indie-Rock (von dem man aufgrund der ersten beiden Alben nicht ohne weiteres ausgehen konnte), Protest-Songs, die ein wenig in Richtung Selbstzitat driften und A Capella-Varietäten kommen zu Gehör. Gesungen wird wieder mal in den unterschiedlichen Sprachen und Zungen und auch die Männlein- und Weibleinverteilung ist so ausgeglichen wie lange nicht mehr. Doch nun genug der Vorrede, hier kommen die diesmonatigen Aspiranten: 

01. Jacco Gardner - Another You
02. Other Lives - 2 Pyramids
03. Patrick Watson - Good Morning Mr. Wolf
04. Peter Broderick - Colours of the Night
05. Roomful of Teeth - Vesper Sparrow
06. Ela Orleans - The Sky and the Ghost
07. Sophie Hunger - Heicho
08. The Tallest Man On Earth - Darkness of the Dream
09. Brown Bird - Blood From the Tree
10. Tocotronic - Solidarität
11. Vierkanttretlager - Krieg & Krieg
12. Mumford & Sons - Tompkins Square Park
13. Blur - My Terracotta Heart
14. Skinny Lister - Cathy
15. My Morning Jacket - Get The Point
16. Jackie Oates - The Devil and the Farmer's Wife
17. Giant Sand - Pen to Paper
18. San Fermin - Woman in Red

Es nennt sich zwar nur "Visualizer", dient aber aber dem Zweck des Ohrenöffners:



Ach, und für alle die es noch nicht wußten: die Mixtapes dieses (und auch fast aller vergangenen Ausgaben) laufen immer wieder im "Radio Der Von Neil Young Getöteten", dass aber auch außerhalb dieser Reihe sehr sehr fabelhafte Musik in den Äther schickt!

Montag, 11. Mai 2015

ESC 2015 - ein ein erster Vorgeschmack




Jetzt geht’s lo-hos....Naja, nicht jetzt, sondern erst in acht Tagen, wenn das erste Halbfinale über die Bühne geht. Doch warum nicht auch schon einmal in die Ferne schweifen, um den sich beim diesjährigen ESC in Wien darbietenden Künstlern schon einmal das erste Ohr zu leihen.


Wie jedes Jahr wetteifern um die 40 Nationen um den besten Song, und da anlässlich des 60. Jahrestags der Veranstaltung sogar Australien (die seit Jahren eine treue Fangemeinde stellen und im Stillen immer schon Ehrenmitglied der IBU waren) teilnehmen wird, ist das Teilnehmerfeld so bunt wie immer, so vielfältig wie selten und so schräg wie... nun, so richtig verrückt wird’s heuer anscheinend nicht. Doch nun von Anfang an und her mit des Bänkelsängers' Favoriten, die hier in eher ungeordneter Reihenfolge vorgestellt werden sollen:

  1. Elina Born & Stig Rästa – Goodbye To Yesterday (Estland)

Duette sind ja spätestens seit The Common Linnets vom vergangenen Jahr stark im Kommen, und so schicken sich die beiden Esten Elina Born & Stig Raäta mit ihrem sehr hübschen 60s-Pop in deren Fußstapfen zu treten. Ein sehr ansprechender Wechselgesang, dazu gefällige Bläser- und Streicherhintergründe, auch die Wettbüros lieben die Zwei, das könnte was werden.

  1. Kjetil Mørland & Debrah Scarlett – A Monster Like Me (Norwegen)

Auch Norwegen schickt ein sehr aussichtsreiches Gesangsduo ins Rennen. Kjetil Mørland und Debrah Scarlett frönen allerdings eher der elegischen Ballade, die nicht nur im Titel ein wenig (wir sprechen hier vom ESC-Kontext!!) mysteriös daherkommt.

  1. Maraaya – Here For You (Slowenien)

Einfach mal einen richtigen guten Popsong präsentiert Slowenien mit „Here For You“. Maraaya punktet hier nicht nur mit einem extrem eingängigen Refrain und einer unverwechselbaren Stimme, auch die Bühnenshow mit Kopfhörern und Luftgeiger verspricht einiges.

  1. Loic Nottet – Rhythm Inside (Belgien)

Der Belgier hat wohl eine ganze Menge Lorde gehört und sich auch die zugänglicheren Nummern von James Blake und Jamie Woon zumindest angehört. Hier wird eher minimaler Pop mit sehr angenehmen Post-Dubstep-Versatzstücken gekreuzt, bei der Stimmer bin ich mir allerdings noch nicht so sicher, ob das auf riesengroße Gegenliebe stossen wird.

  1. Daniel Kajmakoski – Autumn Leaves (Mazedonien)

Vermutlich keine Chance hat der für Mazedonien startende Daniel Kajmakoski, doch dessen hübsch gefälliger Folkpopsong „Autumn Leaves“ kann durchaus mit aktuellen Produktionen gleicher Machart mithalten.


So weit so gut, fünf mehr oder weniger bänkelsängeraffine Vorschläge müssen reichen, doch bietet der 2015er-Jahrjang durchaus noch das ein oder andere weiter Schmankerl, wie den flehenden Balkan-Troubardour Knez aus Montenegro, den sanften Songwriterpop vom Zyprer John Karayiannis, die harmonischen Folker The Makemakes aus Österreich, soliden Discopop aus Israel und Australien oder das fürchterlich harmlose, aber zumindest eingängigePopständchen unserer Ann Sophie.

Und wer jetzt noch nicht auf den Geschmack gekommen ist, darf sich schon mal mit Elina und Stig auf den 23.05.2015 einstimmen:








Freitag, 1. Mai 2015

Scheunenfunde: Mount Rushmore Safari




Zuzüglich zur Rubrik „Aufgemerkt“, die sich ja ursprünglich und eigentlich auch noch immer um eher neue Veröffentlichungen kümmert bzw. auch auf erst in Zukunft folgende Alben hinweist und diese mit ersten tonalen Lebenszeichen antriggert und den regulären Beiträgen ohne klassische Kategorieeinordnung folgen nun die „Scheunenfunde“.

Hier kommen Alben, Songs, Videos oder sonstige mediale Auswüchse zu Wort, die schon eine geraume Zeit auf dem Buckel haben und vielleicht auch schon die ein oder andere Woche im Promopostfach rumgedümpelt sind. Den Anfang machen Mount Rushmore Safari, die bereits im Februar ihr zweites Album angekündigt haben. Doch darum geht es jetzt eben nicht. Vielmehr soll der euphorisierende Indie-Rock ihres Debüts „Elba“ Thema sein.

Dieses noch mal über das wahrhaft fabelhafte „John Wayne“ anzupreisen, wäre allerdings müßig, schließlich tummeln sich acht weitere Songs auf „Elba“, die allerdings nicht immer komplett ebenbürtig scheinen. Da ist zum Beispiel „Wanted You To Die“, das süffigen Radiopop mit nervösem Nachhall bietet. Geschmacklich ausgewogen, aber eben ohne die ganz große Überraschung. Schon ausgefallener und deutlich nach den aktuellen The Killers-Werken schielend, präsentiert sich „Nothing's Gonna Stop“, dem aber im Vergleich zu den Amerikanern der glamouröse Überbau fehlt. Deutlich wird auf „Elba“ vor allem, dass sich Mount Rushmore Safari geradezu herzzerreißend in energische Refrains hineinwinden. Andreas Sorgenfrei mimt hier den selbstbewußten Frontmann, seine Stimme ist kraftvoll, neigt aber auch zur klanglichen Schwermut, was vor allem in den gitarrendomierten Stücken wie „Elba“, „House On Fire“ und eben „John Wayne“ deutlich wird.

Hier liegt auch die Stärke des Albums, dessen musikalisches Spektrum limitiert bleibt, trotzdem immer mal wieder andere Genre-Schubladen aufgestossen werden. Es sind die Songs, die von ihrer Mitsing-Intensität leben, die fast immer am Anschlag sind und dadurch vor Kraft und Energie nur so strotzen. Lediglich das etwas beschaulichere „Butterfly“ fällt neben dem viel zitierten „John Wayne“ aus dem Rahmen, ersteres weil es das Tempo zunächst deutlich raus nimmt und eher nach den New Romatics der 80er klingt und schwülwarmen Loungepop bietet. Und „John Wayne“ ist halt eben dieser kleine Ewigkeitshit, der allein durch den Titel und den unwiderstehlichen Chorus nach Höherem greift.

So ist „Elba“ ein erster Scheunenfund, der sich als launiges und konsequentes Album rund um einen Hit präsentiert, der dann das ganze Potential der Band aufzeigt. Der Aufmerker vom Februar kündigt deutlich mehr Sonne an, mal sehen, wie sich eine lichtdurchflutete Kompositionen mit dem funkelnden Popverständnis versteht.

Weil man es gar nicht oft genüg hören kann, gibt es als Ohrenöffner erneut „John Wayne“: