Dienstag, 30. August 2011

Aufgemerkt: Clara Engel & Sands



Das E-Mail-Postfach hatte es in der vergangenen Zeit in sich, daher wird's Zeit für ein kurzes und sehr gemischtes Doppel: Clara Engel auf der einen, Sands auf der anderen Seite.

So hatte mir die Kanadierin Clara Engel kürzlich eine nette Anfrage geschickt. Sie würde es toll finden, wenn ich ihren Song "Lick My Fins" und ihre dazugehörigen Alben und EPs vorstellen könnte. Anfragen darf ja bekanntlich erst mal jeder, mal sehen, was die Sängerin so drauf hat, dachte ich mir. 20 Sekunden später stockte mir dann kurzzeitig der Atem, ideopathische Herzrhythmusstörungen inklusive. Was um alles in der Welt war das denn? Das selbst in der Eigenvorstellung vorangestellte "I am an emerging independent musician" konnte getrost vergessen werden, den hier war nichts aufstrebend: diese Musikerin ist bereits zur vollen Blüte entwickelt. Das kann man sich dann in etwa so vorstellen, als ob Björk, PJ Harvy und Tori Amos gemeinsam mit Nick Cave am Piano dunkelste Balladen (zer)schmettern und das in so wundervoller und intensiver Art und Weise, man mag gar nicht mehr drüber sprechen. Sondern hören! Und am besten ihrer Bandcamp-Seite einen Besuch abstatten. Hören geht aber erst mal auch hier:


So, wie kriege ich den jetzt den Brückenschlag zu Sands? Wandern wir erst mal von Toronto nach Kalifornien, lassen ein paar Sonnenstrahlen das beschaulich verdunkelte Gemüt aufhellen und widmen uns dann den ehemals als Dame Satan auftretenden Musikern, deren 4-Track-EP den schönen Namen "Sea Of Trees"  trägt. Es ist aber nicht der Wald vor lauter Bäumen, den Sands heraufbeschwören, eher eine versponnene, leichte Brise von psychedelischem Pop mit meinem Hauch Sunshinefolk und wärmendem Harmoniegesang. Wer jetzt "Fleet Foxes" denkt, ist nicht ganz auf dem Holzweg, aber vor allem darf sich der Liebhaber mondäner Shoegaze-Dreampop- oder  verhallender Rauschrockharmonien freuen. Man folge mir zum Aufmerker und bediene sich bei Gefallen auch an der eigenen Strandbar, äh, bandcamp-Seite:









Samstag, 27. August 2011

Im Schnelldurchlauf (II)

Lange kein Post und noch länger kein Schnelldurchlauf.

Nachdem im ersten Schnelldurchlauf experimentiellere Klänge an der Tagesordnung waren, holen wir dieses mal zur großen Geste aus. Pop mit breiterer Brust, der sich aber nicht hinter den Pathosbergen verstecken muss: Other Lives, Dakotafish und Beirut.

Other Lives habenauf ihrem selbstbetitelten Debutalbum vor zwei Jahren feinen Folkpop angeboten. Der spielt auf dem wunderschönen Zweitling "Tamer Animals" zwar immer noch eine Rolle, wird aber zugunsten raumgreifender Popmelodien und sinnlichem Harmoniegesang ein wenig an die Seite gedrängt. So ein wenig schimmern die Fleet Foxes durch, jedoch auch ein Hauch von I Am Kloot oder sogar Prefab Sprout, was man am ehesten im vorzüglichen Titeltrack oder der ersten Single "For 12" anhören kann.


Dakotafish sind eine Überraschung der vergangenen Woche. Die last.fm-Tags versprachen indie und bon iver, die Musik bietet aber so viel mehr. Mit nicht ganz so breiter Brust wie die vorgenannten Other Lives wandert das kalifornische Trio über muntere Melodiespannungsbögen, die verhuscht und tanzbar gleichermaßen wirken. Auf Auftouren.de habe ich kürzlich das neue Blood Orange-Album besprochen, "Many Moons" klingt wie der poppige Gegenentwurf, der bei "Impossible Histories" verhaltene Discomomente aufwirft, bei "Strange Symmetry" ein heimliches Harmoniebad nimmt und in "Great Ones" einen weiteren Sommerhit auftischt.


Über Beirut zu sprechen, bzw. über deren Mastermind und einziges festes Bandmitglied Zach Condon mündet fast immer in der schier unfassbaren Instrumenten- und Einflussvielfalt. Dass würde auch bei "The Rip Tide" genauso sein und dass alles selbstverständlich bei nahezu gleichbleibender Qualität. Hatte die letzte Doppel-EP die ein oder andere elektronische Spielerei an Bord, wirft Condon diese auf "The Rip Tide" meistens über selbiges, eben um sich an seelenschmeichelnder Klangfülle zu verschuchen. Das klingt dann zärtlich-naiv wie bei "A Candle's Fire", dunkelmelancholisch wie bei "Goshen" oder eben wie Beirut, nämlich turbulent, folklorisistisch und bunt und --- mit ganz viel Seele.


 

Donnerstag, 18. August 2011

Aufgemerkt: Cass McCombs


 OMG!

Die Nummer Drei der aktuellen Version des Bänkelsängers' Hitparade bekommt Zuwachs. Und das in Form eines zweiten Albums des wunderbaren Cass McCombs, der, wie schon gesagt, die aktuelle Nummer Drei der bisherigen Hitparade für 2011 der Lieblingsplatten des Bänkelsängers ist. Es ist wohl die schiere Euphorie, die aus des Bänkelsängers' Herzen spricht, und wenn man vom Aufmerker für das neue Album "Humor Risk" ausgehen darf, den man sich nun schon anhören kann, ist diese auch wohl vollends berechtigt.

McCombs scheint die verschleppten Tempi ein wenig anzuziehen und tauscht das dunkle Timbre gegen strahlenden Wohlgesang. Am 8.November wird nach "Wit's End" das neue Werk über Domino erscheinen und wem ich jetzt den Mund noch nicht wässrig genug gemacht haben sollte, der lausche doch bitte hier hin:

   Cass McCombs - The Same Thing by DominoRecordCo

Dienstag, 16. August 2011

The Albertans



Folkpop mit Schmackes!

Die Stimmen sind nach wie vor eher zerbrechlich, die muskalische Ausgestaltung hat allerdings ein wenig mehr Fahrt aufgenommen: die Rede ist von The Albertans, die im Frühjahr unbemerkt ihr neues Album "New Age" veröffentlicht haben. Ursprünglich aus Vancouver, hat das Quintett seit dem letzten Album "Legends Of Sam Marco", dass auch in den Hitlisten des Bänkelsängers einen Platz erringen konnte, viele Meilen im Tourbus verbracht, beim SXSW gespielt und in Brooklyn eine zweite Wahlheimat gefunden, wo nun auch das neue Output an die Ohren der Folk- und Indiepop-Gemeinde dringen soll.
Unbeschwerter als "Sam Marco" ist "New Age" geworden, mehr Pop als Folk, was man dem Wiedergänger "Okay Now" am ehesten anmerkt, schließlich konnte dessen Ursprungsfassung bereits auf dem Erstling gelauscht werden. Die grundauf fröhlichen Rhythmen überschlagen sich auf "New Age" ständig, es wird gepfiffen ("People Don't Go") oder zum Tanz aufgespielt ("Jackpot"). So wirklich ruhig wird's selten, selbst das verhalten startende "Furniture" bekommt Harmonie- und Wechselgesänge an die Hand und die Single "The Wake" erfrischt wie eine kühle Sommerbrise. 
Nun gut, "Mellow" ist eine berührende Akustikminiatur, deren verhaltenes Tempo den Fluss des Albums durchbricht, doch dass tut der guten Laune kaum einen Abbruch. So ist "New Age" eine kurzweilige Angelegenheit geworden, die für den Moment euphorisierend wirkt, ob das Album sich allerdings langfristig im Gehör festsetzen kann, mag noch dahingestellt sein.

Einen Höraufmerker gibt's dennoch:



Donnerstag, 11. August 2011

Jacob Faurholt

Inverser Sommer.

Jetzt spricht man allgemein vom Sommerloch und der damit verbundenen dünnen Veröffentlichungsdecke, doch irgendwie merke ich davon noch gar nichts. Nicht, dass nicht weniger Musik an des Bänkelsänger's Ohr drängen würde, oh nein, aber wo kein Sommer ist, kann auch kein Sommerloch entsehen. Gott sei Dank schöpft man da  aus dem wohlgefüllten Promopostfach, dass gerade jetzt im August einige Schmankeln bereit hält.

Jacob Faurholt hält mit seinem Album "Dark Hours" genau solch ein Kabinettstückchen parat. Der Däne und aktuelle Wahlberliner mit der markanten Stimme hat auf seiner aktuellen Veröffentlichung wohl Stimmungen gesammelt und viele davon hätten eigentlich nicht schlecht in die tendenziell dunkleren Jahreszeiten gepasst. Dann wenn ein eisiger Wind über das Land pfeift und man sich in die "Black Lake Lodge" zurückziehen will, die Faurholt mit verhaltener Inbrunst besingt. "Medicine" für die Seele, die sich scheinbar mühelos im Gehörgang festzusetzen vermag. Der umtriebige Musiker, der sich auch schon bei CocoRosie und Efterklang eingehakt hatte, umarmt die dunklen Stunden, im regennassen "The Hoax" duettiert er dabei mit Nona Marie Invie von Dark Dark Dark. Diese innige Zweisamkeit manifestiert sich über das Album zusehends, dass er dabei eine ganze Schatzkiste an Klangmitteln durchstöbert, tut der Sache dabei gottseidank keinen Abbruch. "Creatures In The Sea" ist hier Beispiel und Ausnahme zugleich, wieder harmonieren die weiblichen und männlichen Gesangsstimmen vortrefflich und da ist eben auch das Arsenal an Instrumenten, aufgestockt durch rasselende Perkussion und einem verwaschenen Akkordeon. "Put My Scars In A Shell As I Walk Home" singt Faurholt in "Like Cars Crashing", und definiert den Charakter von "Dark Hours" in nur einem einzigen Satz. Eingepackt in eine zerbrechliche Muschelschale, aus der die Klänge nur gedämpft in die Aussenwelt dringen, trägt er seine Songs, die eben auch Narben zurück lassen können, aus der Weite in die stillen Räume seines inneren Ichs. Behutsam, vorsichtig, manchmal ein wenig ziellos. So bleibt Faurholt immer allein und doch zu zweit, wenn er die Muschelschale ein wenig öffnet, nur um zu sehen, wer ihn denn noch begleiten mag.

Ein Hörbeispiel zeigt den weg nach Innen:

Jacob Faurholt - Creatures in the Sea from Jacob Faurholt

Und ein weiteres, denn ein Stückchen weiter hinaus:

 
Weiterlesen kann man hierzu auch gerne mal bei meinem netten Kollegen von "Der Impuls", der dem Musiker auch kürzlich einen Beitrag gewidmet hat.

Freitag, 5. August 2011

Silent Feature Era



Musik vom anderen Ende der Welt.

Langsam aber sicher entwickelt sich die australischer Musikszene zu einem Dauergast auf dem Bänkelsänger. Nachdem sich diverse Dark-Cabaret- und Gothic-Country-Truppen schon gemütlich eingerichtet haben, ist am Nebentisch noch Platz für Silent Feature Era
Die kommen aus Bribane, sind 2+ mehr Musiker und zunächst mal ganz einfach ziemlich gut. Auf ihrem Album "This Old Leather Heart" kombinieren sie munter drauf los, Freunde des gerade so angesagten Mumford & Sons-Folk kommen dabei genau auf ihre Kosten wie Liebhaber leichter Elektronik-Schnipsel. Und das gerne auch mal in einem Stück vereint. Doch beginnen wir beim Opener "Supersomeone", der sich als Ohrenschmeichler entpuppt und bestens als Aufgalopp funktioniert. Apropos Galopp, mit dem folgenden "The Horsebreaker" katapultieren sich die Australier direkt an die Spitze des Feldes, lassen die Muskeln spielen und geben den Platz an der Sonne nicht mehr her. Es sind hier zwar auch die immer wiederkehrenden Versatzstücke aus stürmischen Streichern, nach vorne drängendem Schlagzeug undeuphorischen (Blech-)Bläsern, die den Großteil von "The Old Leather Heart" bestreiten, jedoch schieben sich die Einzelteile wie bei einem gelösten Tangram perfekt aneinander. Hier bildet kaum ein Song eine Ausnahme, sicher, "Something For The Quietest Life" schraubt ein wenig an der Tempobremse, hat dafür aber einen elektronischen Klangbaukasten verschluckt. Es ist wahrlich schwer, den Höhepunkt des Albums an einer Stelle auszumachen, so geschlossen wirken die einzelnen Bestandteile. Der perlende Walzertakt des titelgebenden Stücks tapst neben den klangfüllenden Trompeten und wird so zum Lieblingsschunkler, das furiose "Oliver" wiederum spielt zum Tanz auf und bringt die Holzbohlen zum Knarren. 
Wie gut, dass sich Greg Cathcart und Adrian Mauro, die bei Silent Feature Era als Köpfe fungieren, mit so vielen Kollegen getroffen haben, die sich um das erfüllte Klangbild gekümmert haben und selbst bei den von Ruhe geprägten Stücken wie "In Your Shoes" zum musikalischen Facettenreichtum aufrufen. 
So ist und bleibt "This Old Leather Heart" ein Album, auf das man gewartet hat, ohne zu wissen, dass es dieses gibt. Das Vergnügen es aber in der Ecke vor sich hinsummend aufzuspüren und es laut und voller Wonne zu genießen, könnte gar nicht größer sein.

Zum Beweis gibt's das fabelhafte "The Horsebreaker":

Dienstag, 2. August 2011

My Monthly Mixtape: August



Wolkig, mit Aussicht auf leichten Nieselregen, ganz selten ein paar Sonnenstrahlen. Da mag man gar nicht an Anfang August denken....Moment! Das hatte ich doch schon Anfang Juli geschrieben, aber leider hat sich das Wetter immer noch nicht daran gewöhnt, dass wir eigentlich Sommer haben. Wechselwarm ist das Mixtape in diesem Monat auch, wir fangen mit alten Bekannten in neuen Kleidern an, lassen den Blick über den Horizont schweifen bis wir idyllische Kleinstadtromantik erspähen, Stilleben inklusive. Und ja, Hip Hop geht nach wie vor auch auf dem Mixtape, ein wenig 60er, 70er und 80er-Nostalgie darf ebenso wenig fehlen und dass zwei deutschsprachige Beiträge die Auswahl beschließen kommt auch nicht alle Tage vor. 

Die Auswahl im Einzelnen:

01. The Horrible Crowes - Behold The Hurricane
02. Cody Canada & The Departed - Ballad Of Rosalie
03. Seasick Steve - You Can't Teach An Old Dog New Tricks
04. William Elliott Whitmore - Bury your Burdens in the Ground
05. The Milk Carton Kids - Michigan
06. John Houx - Apple On A Table, Green
07. Grey Reverend - Altruistic Holiday
08. Sandy Denny - John the Gun
09. Joan Baez - Donna Donna
10. Matt Bauer - Poplar Trees
11. David Gibb - Two Dead Boys
12. Alkaline Trio - Mercy Me
13. Ulterior - Catherine
14. Gazelle Twin - Changelings
15. Patrick Wolf - Together
16. Casper - XoXo feat. Thees Uhlmann
17. Locas In Love - An Den Falschen Orten

Wenig Titel, dafür viel Gehalt...genauso wie der Ohrenöffner:


Wie immer gibt's das Mixtape in Kürze auch in diesem Monat beim "Radio Der Von Neil Young Getöteten".