Man mag es kaum für möglich halten, doch neben den vielen bereits in den einzelnen Kurzrezensionen und Vorstellungen erwähnten Künstlern hat sich der Bänkelsänger auch teils abseits der gewohnten Folkpfade umgehört. Klar hätten jetzt hier auch die in vielerlei Publikationen meist zurecht hochgelobten "neuen" Elektronik-, (Post)-Dubstep und Bedroom-Pop/Rock oder Glo-Fi (tolle neue Schublade) stattfinden können, ich finde allerdings, dass es noch ein paar andere spannende Publikationen wert wären, eine Rolle zu spielen. Und so sind hier 33 Alben des vergangenen Jahres versammelt, die vor allem eins gemeinsam haben: sie sind schon richtig toll.
Klar sind auch hier wieder die Folker und Songwriter im Vordergrund, so hat mich zum Beispiel die verquere Stimmfarbe Nathaniel Rateliffs schon sehr verzaubert uind auch das an konventionellen Brit-Folk angelehnte "Lucy And The Wolves" von Martha Tilston ist sehr unterhaltsam und abwechslungsreich. Eher klassisch kommt dann der Prince Of Assyria daher, ähnlich den luftig-lockeren Arragements von The Mountains & The Trees, die jedoch auch mit Melancholie punkten können. Das wäre dann das Stichwort für Lucas Renney und den unter dem Bandnamen "Villagers" auftretenden Conor J. O'Brien. Ebenso berüherend, wenn doch näher am amerikanischen Folk sind die Vatican Cellars und die wunderbare Karen Elson, bei deren Debut man schon das ein oder andere Mal die Handschrift des Gatten Jack White erkennt. Bei Frauenstimmen fällt mir dann wiederum Kyrie Kristmanson ein, ihre Varianten jazziger und chansonesker Songwriterkunst haben mich gerade in den letzten Wochen das ein oder andere Mal verzückt. Neben diesen doch eher folkorientierten Alben dürfen aber auch weitere Spielarten wie zum Beispiel Bluegrass und den damit hier vertretenen Trampled By Turtles nicht vergessen werden. Psychedelischer wird's mit den Ganglians, intimer und verstiegener mit Julian Lynch und seinem sonderbaren "Mare". Etwas aus deutschen Landen gefällig? The Green Apple Sea bieten hier mit Northern Sky, Southern Sky fabelhafte Abhilfe. Traditionelle Klassiker und aufregende Coverversionen: fragen sie mal bei Tom Brosseau und Angela Correa von Les Shelleys nach. Straubtrockener Outlaw-Country mit Mumford & Sons-Appeal wird hingegen von Danny & The Champions Of The World zum Besten gegeben, wer den klassischen Singer/Songwriter mit Bodenhaftung bevorzugt, greife zu Philip Selways Solodebut "Familial". Ätherischer Bluesfolk wäre dann noch Angelegenheit von Will Stratton, eine jazzig-cabareteske Variation bieten Paul Wallfisch und seine Band Botanica. Ach so, eine Harmonie- und A Capella-Variante fehlt noch: I Am Oak hatte da 2010 was in petto.
Ob das jetzt streng genommen alles Folk oder Folkverwandetes ist, mag dahin gestellt sein, sicher ist nur: die Künstler und ihre aktuellen Alben sind allesamt mehr als empfehlenswert.
Verlassen wir aber nun die heimischen Gefilde und sehen uns noch ein wenig im Grenzgebiet um: Auch hier hat sich 2010 ein heerer Reigen in mein Herz gespielt, Newcomer, alte Hasen und Wiedergänger inklusive.
Zu Beginn empfehle ich das mir sicherlich nicht zwingend zugetraute aktuelle Agalloch-Album (welches ich weiland mit respektablen 80% bei AUFTOUREN bewertet habe). Dann die artverwandeten, jedoch mehr dem flächigen und shoegazernderen Metal zugeneigten Les Discrets, die meine eigentlichen Lieblineg auf diesem Gebiet um Längen geschlagen haben. Wive muss ich auch noch erwähnen, schließlich sind die ja quasi die "A Whisper In The Noise"-Nachfolgeband. Bleiben wir bei eher instrumentalen Auswüchsen muss auch noch auf das junge "Baths" betitelte Projekt Will Wiesenfelds hingewiesen werden, dass unter den vielen guten elektronischen Veröffentlichungen meiner Meinung nach erheblich herausragt. Nehmen wir hier noch die Berlinerin Zazie von einem anderen Stern und ihre watteweich ausgekleideten Fieldrecordings, die breit und verwaschen klingenden Altar Eagle vom erstklassigen Type-Label (bei denen ich auich schon den fabelhaften Richard Skelton entdeckt habe) und die Freak-Folker von Kyu hinzu, hat man einen herrlich spinnerten Rahmen, der sich sicherlich auch als Mixtape für den Lazy Sunday eignet. Und den man dann mit einem Glas Rotwein und den seidigen Klängen Peter Brodericks ausklingen lassen kann. Zum Schluß dann noch ein wenig Pop!?! Allerdings nicht ganz der konventionellen Machart: Syd Matters variiert munter Folk- und Pop-Versatzstücke zu einem opulenten Kunstwerk, Jonas Johnson und sein Projekt Bedroom Eyes stehen ihm da in nichts nach. Perfume Genius wiederum geht die Pop-Sache spleeniger und spröder aber nicht minder fazinierend an, und an der Opulenz und Verve eines Rufus Wainwright mag man ja nun wirklich zu keiner Zeit zweifeln.
Beschließen wir den Reigen nun mit Tu Fawning, dessen Debut in weiten Teilen der Welt bereits veröffentlicht ist, der deutsche VÖ-Termin jedoch mit dem 7.1. 2011 auch Gott sei Dank nicht mehr weit entfernt ist. Ich sag mal nur: Gospel-Folk-Pop-Bedroom-Rock-Irgendwas mit solcher Eleganz uzd Wärme, das das draußen langsam einsetzende Tauwetter mit Sicherheit nicht von ungefähr kommt.
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