Sonntag, 5. Dezember 2010

Guro von Germeten

Eine Norwegerin mit rotem Akkordeon wandelt auf Waitsschen Spuren.

Zirkus, Zirkus, Zirkus. Vorhang auf, Manege frei, hier kommt Guro von Germeten. Ihr blankpoliertes Instrument im Anschlag läuft sie federnden Schrittes in die Mitte der Arena, blickt nach rechts und links und beginnt zu singen. Begleitet von einer singenden Säge wird "Accordion Night" angestimmt, Opener und Motto ihres englischsprachigen Debuts "Bad Dreams And Good Nightmares". Doch nicht nur der schneidende Klang der Säge und das Auf und Ab des Akkordeons verzückt mit wunderbar nostalgisch angehauchten Klängen, auch die Künstlerin wandelt sich von der hell strahlenden Zirkusfee zur geheimnisvollen Nachtgestalt.
"Bitter" ist zum Beispiel gar nicht mehr so leichtfüßig, sondern sehnsüchtelt eher vor sich hin, nicht ohne Schwung, aber schon mit ruhigerem, bestimmten Duktus, hier begleitet stakkatoartiger Schreibmaschinenanschlag die nebulöse Szenerie. Von Gurmeten wechselt auf ihrem Album Stimmungen im Minutentakt und bleibt ihrem Sujet zwischen Zirkus und Rummelplatz, Panoptikum und Varieté doch immer treu. Sie lässt Seemänner auf die Bühne, sehnt sich nach einem Spinnenmann, lädt zur lebensfrohen Tarantella und tanzt auf einer ausgelassenen jüdischen Hochzeit.
Tänzelnde Melodien sind die roten Fäden die "Bad Dreams And Good Nightmares" durchziehen, ob Walzer oder eben Tarantella, ob Zirkuspolka oder Fox, die Bandbreite ist auch hier unwahrscheinlich groß und doch wirkt das Album, vor allem auch wegen seiner wohlfeil gewählten Instrumentierung wie aus einem Guß. Natürlich steht auch hier das Akkordeon in allen Titeln an exponierter Stelle, dennoch ist es häufig genug auch nur schelmischer Begleiter, wie im von Kirmesorgeln eingeleiteten "Polka Dot Dress For You". Ob Spieluhr, Regentropfen, Streichercapricen, Percussion aus aller Herren Länder oder ein schlichtes Piano, Guro von Germeten zieht alle Register, und nicht nur an den eben erwähnten Orgeln.
Manchmal wird "Bad Dreams And Good Nightmares" vielleicht ein wenig zu sehr Schaustück, vor allem weil man selbst nach mehreren Hördurchgängen noch längst nicht all diese feinen kleinen Kabinettstückchen wahrgenommen hat, und doch fühlt man sich immer wieder schnell in die einzelnen kleinen Episoden hineingezogen.
Es sind eher die drolligen Einfälle wie bei einm geglückten Zaubertrick, denn die akribische Eleganz einer Seiltänzerin die das Album in jedem Moment unvorhersehbar machen, und dass lässt auf eine immer wieder herrlich ausstaffierte Vorstellung hoffen.

Leider gibt es nur einige wenige Live-Mitschnitte, aber die Myspace-Seite und auch die oben angegebene Homepage haben so einige Kunststückchen vorbereitet:

 

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