Samstag, 26. November 2011

Threadbare, Brother



Im Kaminzimmer.

Es mag müßig sein, immer und immer wieder den Herbst und ganz speziell den November als die Zeit im Jahr zu küren, wo sich die traurigen und innigen Folkpoeten die Klinke in die Hand geben. Auch in diesem Jahr kann man sich wieder mal an der Vielfalt von intimen Glücksmomenten und aufbrausenden Wutgedanken erfreuen und hier mischt auch die neueste Bänkelsängerentdeckung munter mit.

Threadbare, Brother ist im Wesentlichen Timothy Walker und stammt aus Atlanta. Unter seinem Moniker hat er sein warmherziges erstes Album "When The War Is Through" veröffentlicht, dass schier überschwappt vor eben solchen Glücksmomenten. Ganz behutsam beginnt er in "The Famine Years", eine feine, sanfte Gitarrenmelodie schlängelt sich durch das verwaschene Herbstlaub. Die Stimme raschelt mit den Saiten um die Wette und lässt wieder einmal an amerikanische Großmeister vom Schlage Bob Dylan und Neil Young erinnern. Doch die Stimme ist es nicht allein, die "When The War Is Through" schon ein wenig abhebt, es ist die durch und durch herbstliche Stimmung, die das Album durchzieht. Sei es nun die chorale, ja weihnachtliche Andacht bei "Dark Mustard Door" oder der weite orchestrale Klang im Mittelteil von "Goodness". "Borrowed Man" schlägt die Brücke dann wieder zurück, Walker lässt Gitarren im Hintergrund vorbeischleichen und nimmt den Hörer für sich ein. Gefangen im Herzen des Sängers fühlt sich das Geborgen an, warm, zeitweilig natürlich auch ein wenig zu plakativ. Das macht aber nichts, denn nie wünscht man sich auszubrechen, nie fühlt sich diese Geborgenheit falsch an. 
Es ist wohl eher der hereinbrechende Abend mit seinen vielen Rotschattierungen denn die Nacht, die Walker in "We've Got The Nigt On Our Face" besingt. Hier lässt er die Zügel lockerer, ein wenig mehr Tempo tut dem Stück gut, dass sonst wahrscheinlich ein wenig zu dick aufgetragen wäre. Romantik ja, aber nicht zu jedem Preis. Das Klavier perlt ein wenig wie bei Tom McRae, die Slide-Guitar bekommt den klischeehaften Country-Twang und hoppla, ein bisschen Schweineorgel klopft auch an die Tür. So amerikanisch wie in diesem Moment klingt das Album selten, doch irgendwie funktioniert selbst das hier ohne vor falscher Rührung im Erdboden zu versinken. 
Das folgende "Half-Door" ist zweifellos einer der Höhepunkte eines durchgängig einnehmenden Albums. Auch hier wird leicht an der Temposchraube gedreht und Walker singt beseelt und hoffnungsfroh wie nie, unterstützt von lautmalerischer Perkussion und choralem Gefüge. So reiht sich auf "When The War Is Through" ein Song an den anderen, nahtlos und doch nicht ohne langweilig zu werden. Arglos und behutsam fügt Walker hier und da einen kleinen Stolperstein hinzu, der die Aufmerksamkeit des Hörers fordert und in doch nicht zu sehr von der warmherzigen Atmosphäre des Albums ablenken möge.

Lauscher aufgesperrt, hier gibt's den Ohrenöffner:

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen