Mittwoch, 4. August 2010
Hits von gestern: Stroganoff
Heute greife ich mal gaaaaaaaaaanz tief in die Sammelsuriumabteilung und finde: Stroganoff.
Eine blutrünstige Moritat aus der Feder des sonderbaren Friedrich Hollaender, der die Berliner Revue- und Kabarettszene der 20-50er Jahre mit seinen klugen und bösartigen Couplets und Kuriositäten verzaubert hat.
Herzzereissend intoniert haben das mordlüstern-komödiantisch angelegte Stückchen schon diverse Künstler, allen voran Pe Werner, die es in ihre Schlagerrevue "Für eine Nacht voller Seligkeit" eingebunden hat und auch Tim Fischer, der sich in den letzten Jahren vor allem als Interpret bösartiger Georg Kreisler-Lieder einen Namen gemacht hat, Stroganoff sicherlich aber zum besten gehört, was der wandelbare Musiker jemals auf die Kleinkunstbühne gebracht hat. Leider war auf den einschlägigen Videoportalen nichts zu finden, da musste ich dann zur guten Notlösung greifen, und bringe Helen Vitas Variante zu Gehör. Da der Text aber gar zu köstlich ist, gibt's erstmals hier eine Textversion (zum Mitlesen) der kuriosen Entstehungsgeschichte eines der bekanntesten Gerichte russischer Kochkunst.
Stroganoff, ein Großfürst einst am Zarenhoff – wo sonst?
War ein eifersücht’ger Gatte, der in Omsk, gleich bei Imsk
Und nur 14 Werst von Umsk ein großes Gut – was für’n Gut?
So ein Gut – na schon gut!
Kurz und gut: ein Gut von 1000 Seelen hatte.
Wieso Seelen, Lass’n Sie sich erzählen!
Das ist russisch, echt russisch:
Jeder Russe, der hat Seele - Was weiß ich! Hey Hey!
Und auf dem Gut, seinem Gut, da in Omsk,
gleich bei Imsk, um die Ecke rum von Umsk,
lebte auch seine schöne Frau – wo sonst?
Und dass sie schön war, wusste er ---
Und außer ihm noch Pjotronoff und Krotzikuloff
Und Rotzkuloff und Rutschkinoff und Schtrutschkinoff
Und ganz besonders Schmutschkinoff ----
Ziemlich viele wussten dieses ziemlich gut von dem Gut -
Ist das gut? --- Gar nicht gut! Gar nicht gut!
Aber russisch, echt russisch! Hey, hey.
Stroganoff hat viel zu tun am Zarenhoff – wo sonst?
Und zu Haus bleibt seine Schuschka,
bleibt in Omsk, gleich bei Imsk und nur 14 Werst von Umsk -
Nicht viel los da in Omsk, nicht in Imsk und nicht in Umsk -
Ganzen Tag liegt sie im Bett, das arme Mütterchen!
Wieso Mütterchen? Fragen Sie Tolstoi!
Das ist russisch, echt russisch,
Jeder Russe ist ein Mütterchen. Was weiß ich! Hey, Hey.
Doch auf dem Gut, dem Nachbargut, nicht in Omsk
und nicht in Umsk, bisschen weiter weg in Emsk
lebte besagter Schmutschkinoff (ein Schwein) -
Und eines Tages spannte er vor seinen Schlitten
Die schwarze Stute Krasnucha, die braune Stute Strasnucha
Und Wlasnucha und Jasnucha und vorne weg noch Prasnucha
Und er knallte mit der Peitsche
und fuhr stracks zur schönen Schuschka
auf das Gut! Ist das gut? Gar nicht gut!
Aber russisch, echt russisch, hey, hey.
Leider genügt nicht, dass über dem Schkandalsky
Ich mit Diskretionsky den Vorhang lasse fallski -
Denn unvermutet stand in der Tür ---- Stroganoff!
Und aus dem Bett sprang der Liebhaber im hohen
Boganoff! Oijoijoijoijoi!
“Antworte Hund verfluchter, bis ich auf drei zähle,
Nahmst Du nur ihren Kärrper oder nahmst Du auch die Seele?“
Und hätte er gesagt: Nur den Kärrper Väterchen Stroganoff -
Wär’ nicht passiert, was jetzt passiert ist mit Väterchen Schmutschkinoff -
Oijoijoijoijoijoi!
Tags darauf sitzt Stroganoff im Kaffeehaus – wo sonst?
Und es fragen ihn die Freunde: „Was war los bei Dir in Omsk?
Man hat Dich schrei’n gehört bis Imsk, einer sagt sogar bis Umsk!
Und man spricht, dass deine Schuschka hat gemacht mit
Deinem Freund ein bisschen Schmuschka...“
“Bisschen hätt’ ich noch verzieh’n, das ist russisch echt russisch,
Aber die Vertraulichkeit geht zu weit, tut mir leid.
He-da Wirt, Bring mir ein Filet! Aber roh!, Größe so!
Und dazu ein großes Messer! Kann ich zeigen mein’n Freund’n besser –
Mit Messer, was ich gemacht aus Schmutschkinoff“ (fftt-fftt) -
Und mit dem Messer Heijuchee, sticht Stroganoff in das Filet
Und kreuz und quer und hin und her,
sieht gar nicht wie Filet aus mehr -
Ohne Lücke haut er es in 1000 Stücke voller Wut. Ist das gut?
Das ist gut! Und so russisch, echt russisch, hey, hey.
Stroganoff winkt gnädig jetzt den Küchenchef zu sich:
“Hier, mein Freund, mit Dank zurück, das geborgte Lendenstück,
Das im Zweikampf wie ein Held, den Ehebrecher dargestellt.
Aber jetzt trag’s in die Küche! Du kannst gut seh’n Väterchen,
ich kann kein Blut seh’n.“
Koch in Tränen schreit: „Oi-Jeh, Wer wird essen das Haschee?
Ist zerhackter Schmutschkinoff, aber kein Filet!“
Ganz zerstikkelt liegt’s im Topf, Küchenbub mit rotem Kopf fragt:
Was soll damit gescheh’n, was soll ich hineintun noch, Väterchen Koch?“
“Von mir aus was Du willst tu rein. Frisst doch kein Schwein!
Ob saure Sahne, Zwiebelring, ob Paprika ob Pfifferling…
Doch als man es auf das Feuer tut, jeder fragt: „Was riecht so gut?“
Alle Gäste kosten, reiben sich den Bauch (ja ja ja) Will ich auch!
(ha ha ha) Tu mir eins schmoren….
So wurde Glanzstikk von Souper,
Wurde grässtes Frikassee, wurde Stroganoff-Filet geboren.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen