Nichts ist so wie es scheint.
Nach „Lemming“ und „Nein!“
hätte alles Mögliche passieren können. Locas In Love hätten sich
auf ihren Lorbeeren ausruhen können und nach einiger Zeit so ein
ganz schlichtes kleines Album mit weiteren 10-12 Songs aufnehmen
können. Es hätten wieder diese feinen melodischen Momente werden
können, die mal mehr mal weniger lakonisch, mal mehr mal weniger
befindlich, mal mehr mal weniger nachdenklich sein hätten können.
Als nun aber „Use Your Illusion 3&4“
dieser Tage veröffentlicht wurde und schon bei der ersten
Ankündigung klar wurde, das es sich dabei um ein lupenreines
Doppelalbum handeln würde, schienen die Vorzeichen doch andere zu
sein. Zunächst bleibt alles beim Alten. Die Stücke heißen „Wer
weiß“, „Teenager“ und „Durch die Dunkelheit“ und erzählen
von diesen kleinen alltäglichen Begebenheiten zwischen Dir und Mir,
zwischen Hier und Jetzt und von Uns zu Euch. Dabei wird musikalisch,
wie auch schon andernorts erwähnt, die Zitatemaschine angeworfen und
ein funkelperlenschönes Amalgam ausgeworfen, dass seinen Charme im
niedlich Unperfekten findet, seine Eingängigkeit in den wirbelnden
Gitarren und sonstigen Instrumenten und beschaulichen Refrains und im
wie immer fröhlichen zweistimmigen Refraingesang. Die Kölner gehen
ihren Weg so konsequent wie nachvollziehbar weiter und klingen doch
anders als auf den Vorgängerwerken. „Teile“ erzählt von Verlust
und Gedankenverlorenheit, „Neue Sachen“ wiederum von Aufbruch und
Wiederkehr. Deutlich abstrakter als zuletzt und doch gedanklich
gegenständlich.
Zum Ende des ersten Teils nimmt die
Melancholie überhand und schöpft die ohnehin schon starke
Melodieseligkeit komplett aus. Wieder werden globale Themen in
winzige Episoden zerhackt, mit Erinnerungen vermischt und zu einem
zwingenden, aber nie allzu dringenden Gerüst verknüpft. Kein
Wunder, dass im bereits kürzlich vorgestellten „Da Ist Ein Licht“
The Smiths zitiert werden, die in dieser Disziplin sicherlich immer
noch die Meisterschaft innehaben.
Doch jetzt ist „Use Your Illusion
3&4“ ja nun mal ein Doppelalbum, dessen Brückenschlag
vielleicht schon mit dem Abgesang „Grand Canyon (Wish You Were
Here)“ eingeräumt wird, einem sonderbaren Field-Recording mit viel
Natur im Vordergrund. Was danach folgt ist ein krautiges und
instrumentales Experiment, das vor allem in den stillen Momenten
funktioniert und die vier Kölner von einer gänzlich anderen Seite
zeigt. Auch hier wird zitiert, erinnert und bezogen, jedoch in einem
deutlich undurchsichtigen Rahmen, so dass den Stücken zwar eine
gewisse Kunstfertigkeit attestiert werden kann, zuweilen fehlt aber
der Extraschuß Würze und Wärme, der den erzählerischen Momenten
der Band bislang immer zu Gute kam.
Sicher ist der zweite Teil, der sich
auch von der Tracklist eher wie eine routenoptimale Planung durch die
Kölner Innenstadt liest und wohl diverse Haltestellen der KVB
bezeichnet, kein Fehlgriff, aber eben auch nicht wirklich der
Weisheit letzter Schluß.
So bleibt „Use Your Illusion 3&4“
ein Wagnis, das es sich aber einzugehen lohnt. Wie sonst könnte der
Albumtitel auch verstanden werden, denn auch ohne Text kann die
langweiligste Illusion zur schönsten Imagination werden.
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