Ein erneuter Ausflug ins Münsteraner Konzertleben bescherte mir am gestrigen Dienstag ein ganz und gar bemerkenswertes Doppelevent, dass zumindest in meinen Augen und Ohren klar von der klassischen Vorgruppe-Hauptact-Prozedur abwich, sondern zwei gleichberechtige Auftritte bot.
Laura Gibson, selbst aus Oregon stammend, eröffnete den Abend mit einer allein zur Gitarre gesungenen Version von "All The Pretty Horses" und schon bei den ersten Tönen versetze einen die kantige, aber doch zärtlich-kindliche Stimme in einen positiven Trancezustand, der über die folgenden 30 Minuten auch konstant anhalten sollte. Vollmundig als "+Band" angekündigt betraten nach dem gelungenen Opener 2 bemützt-behemdete "Kerle" die Bühne und setzen sich an Tasten- und Schlaginstrumente, um den spärlich instrumentierten Folksongs das ein oder andere Glöckchen, Paukenschlägchen und oder Geigengezirpe hinzuzufügen. Zwischendurch wurde auch die teilweise gedämpfte Trompete und eine Melodica eingesetzt, um mehr oder weniger traurig-melancholischen Weisen wie "Funeral Song", "Sweet Deception" oder "Where Have All Your Good Words Gone?" ein wenig mehr Lebendigkeit und Heiterkeit einzuhauchen, was auch hervorragend funktionierte. Spätestens als dann beim letzten Song sogar noch das Publikum miteinbezogen wurde und aus den ca. 50 der Bühne nahestehenden Kehlen eine vollmundige "OH-UH-OU"-Melodie erscholl hatte der Zauber der in einem schlichten weißen Kleidchen steckenden sympathischen Künstlerin übergegriffen.
Nach der 15minütigen Umbaupause enterten die vier Musiker aus Alaska (und Norwegen) die Bühne und die sanfte Stimmung war verflogen. Wer sich an den auf Platte so harmlos und zurückgelehnt performten Folksongs orientiert hatte und ähnliches erwartete, wurde schon mit Opener "Don't Take My Advice" eines besseren belehrt. Druckvolle Schlagzeugwirbel, energiegeladene Gitarrenakkorde, dazu die drei Jungs an den Saiteninstrumnten mit lautem, mehrstimmigen Gesang, das war schon ziemlich beeindruckend. Nahezu die gesamte Bandbreite der nun vier Alben umfassenden Discographie wurde abgedeckt, sei es nun der nahezu perfekte (Folk-)Pop/Rock-Song "Fisherman's Son", das mit unglaublicher Emphase dargebotete "Stuck On A Boat" oder die schillernden quasi shoegazenden Momente bei "Close The Lid". Bei "I Woke Up Today" wurden dann sogar Teile des für mich erstaunlich umfangreichen Publikums auf die Bühne geholt und als der "Hit" "My Will Is Good" des letztjährigen Albums "Threadbare" ertönte, waren die Dämme der Begeisterung bereits gebrochen. Als sich Leadsänger Van Pierszalowski zum Abschluss noch zusammen mit Laura Gibson am grandiosen "Will You Be There?" versuchte, erreichte ich dann auch meinen Gänsehautmoment, "High Without The Hope" schloss den Abend dann leise aber gelungen ab.
Was soll ich noch sagen: die fulminante Folk-Dame mit dem brav-adretten Aussehen hat es eigenlich faustdick hinter den Ohren und sammelt "deutsche Sätze" zum Auswendiglernen, spielt auch schonmal Wohnzimmerkonzerte für Bänker und hat an diesem Abend vollends überzeugt. Bei Port O'Brien ist zwar der Folk wahrscheinlich auf der Überfahrt von Galway (dort war der vorherige Auftrittsort) nach Münster ein wenig auf der Strecke geblieben, gerockt haben die Jungs jedenfalls wie Sau und Spaß gemacht hat es auf jeden Fall dabei zuzusehen, wie sie sich einige Male gekonnt in Rage und nie um Kopf und Kragen geschrammelt haben. Da Capo, bitte.
Ohja. Genau so. Gestern waren sie bei uns. Nachdem ich deinen Bericht gelesen hatte, hatte ich natürlich besonders hohe Erwartungen und die wurden nicht enttäuscht. Insbesondere Laura Gibson. Sehr fein.
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