Freitag, 28. Oktober 2011

Justin Vivian Bond



Noch mehr Kunst. Dieses mal aber anders.

Justin Vivian Bond ist ein Teil des derb-komödiantischen Drag-Cabaret-Duos Kiki & Herb, doch auch schon seit geraumer Zeit als Solokünstler/in unterwegs. Nicht nur, dass er/sie im fabelhaften Film "Shortbus" zu sehen war, dem auch Scott Matthew ein paar Songs beigesteuert hat, einige Spoken-Word-Alben hat er/sie auch bereits zustande gebracht und sein/ihr neuestes "Dendrophile" hat in diesem Jahr das Licht der Welt erblickt.

Wie es der Zufall nun mal will, hat er/sie "Dendrophile" zusammen mit Thomas Bartlett von Doveman aufgenommen und dieses Künstlersammelbecken hat so viele bänkelsängeraffine Artisten als Gäste in seinen Reihen, dass es eine wahre Freude ist, nennen wir nur mal die Dessner-Brüder von The National, Sam Amidon und Nico Muhly. 
Wenn man nun aber der Annahme Glauben schenken würde, Bond hätte ein entsprechendes Indiefolkrock-Album mit modernem Klassikeinschlag fabriziert, der irrt gewaltig. "Dendrophile" ist nicht mehr und nicht weniger eine Hommage an das Lied an sich. Man fühlt sich an das fabelhafte "Variety" von Marc Almond aus dem letzten Jahr erinnert, denn auch Bond verwandelt Cover und Eigenkompositionen in schillernde und barocke Folkpop-Gemälde. Allen voran: "In The End" welches in eben besagtem "Shortbus" von eben erwähntem "Scott Matthew" bereits in epischer, blechblasgewaltiger Breite zur Ehre gekommen ist. Bond hingegen besinnt sich auf sein/ihr einnehmendes Timbre, irgendwo zwischen Almond und Lale Andersen und windet sich zwischen wahnwitzigen Melodiebögen hindurch. Mal leichtfüßig beschwingt, mal kapriziöse Diva, einmal wie im rauhen "22nd Century" gar wie ein/eine raubeinige Folksänger/in erklimmt der/die Musiker/in die höchsten Höhen und taucht doch auch immer wieder hinab in das Halbdunkel zwischen Chintz und Plüsch. Die Musik baut sich dabei um ihn/sie auf und täuscht auch schon mal den ein oder anderen Überfall an, gleich im Opener "American Wedding" sprechsingt der/die Künstlerin sich durch ein folkiges Dickicht, beim Joni Mitchell-Cover "Court & Spark" wiederum verfängt er sich auf angenehmste Weise im feinen Popmäntelchen.
Selbstverständlich ist das teilweise ganz schön dick aufgetragen und kann natürlich mitunter auch ganz schön anstrengend werden, doch wenn zwischendurch im elegantem Jazz-Shuffle "Crowley A La Lee" der Kontrabass perlt wie feinste Champagnerblasen, darf man sich wieder enstpannt zurücklehnen und diese wirklich überraschende Hommage genießen.

Bitte sehr:

Da sich Justin Vivian Bond selbst weder als er noch als sie sondern zumindest im englischen als "v" bezeichnet, dass aber im Deutschen doof aussieht, habe ich die etwas schwer lesbare Variante er/sie gewählt. Sollte der/die Künstler/in selbst einmal diese Zeilen lesen, bitte ich um Verzeihung.

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