War einmal ein Bärenmann.
Kaum zu glauben, dass der „Bärenmann“
der wunderbaren Dresdner Band bergen schon gut drei Jahre alt ist. Doch
immer noch scheint man diesem seltsamen Wesen aller Orten zu begnen, wenn man
sich erst einmal auf ihn eingelassen.
Diese alltäglichen Seltsam- und Persönlichkeiten sind
auch Themen auf „Zeiten für Kerle“, dem gleichsam verschrobenen
wie wunderbaren Minialbum, das den schmalen Grad zwischen Winterkühle
und Frühlingsknospen vortrefflich einfängt. Wieder singt Mario
Cetti mit seiner milden Gute-Nacht-Geschichten-Erzählerstimme vom
langsamen Erwachsenwerden, das er entweder spielerisch zu entdecken
scheint oder augenscheinlich überrascht als gottgegebenes Moment
aufnimmt. Mal bauen die Musiker mit Bau-“Klötzen“ an der eigenen
Geschichte und suchen Schutz im filigranen und selbst errichteten
Heim, mal werden bergen sentimental und fangen die tägliche
Routine und die erlebte Wiederholung mit leichter Country-Note im
titel gebenden „Zeiten für Kerle“ mit der gewohnten
Sprachbegeisterung ein.
Doch lassen sie auch den Abschied vom
„Bärenmann“ zu, dessen Geschichte nun mit melancholisch schönem
und sentimentalem Ende schließt und schließlich wagen sich bergen
gar im 6/8-Takt hinauf ans Meer, zur „Frau vom Fischer“, dass
moritatengleich Sehnsucht, Schuld und Sühne vereint und in den
Chroral „Wie ein stolzer Adler“ mündet. Ergriffen, erhaben und
vollmundig wie nie erzählt die Band eine erschreckend ehrliche
Geschichte, die nicht tragischer enden könnte.
Doch entgleisen nicht nur Zeit, Liebe
und Gedanken, im erstaunlichen „Die laufenden Toten“ nehmen
bergen uns mit in ihre Heimat, in der sich gerade am Wochenanfang
Unarten abspielen. Hier entgleist Schlimmeres, das Cetti in
beängstigende Worte kleidet: "es ist ein knackender Ton, wenn dein
Mitleid abreißt, wenn sich ein menschliches Herz aus sich selber
vereist, ohne Hast.“ So explizit waren die Musiker noch nie, die
trotz aller Ernsthaftigkeit im Text der Musik ein reines Herz und erbaulichen Wohlklang
schenken.
„Alles ist entgleist“, singen
bergen im eröffnenden Prolog, einem kurzen, aufwühlenden Experiment und belassen
es auf „Zeiten Für Kerle“, das am 26.02. via K&F Records erschienen ist, schließlich auch dabei, ohne sich
und ihren früheren Werken untreu zu werden. Sie bleiben so sehr Pop wie sie mögen, haben keine
Angst vor Schlager und Chanson und lassen sogar ein wenig
Lagerfeuer-Gefühl zu. Auch wenn der „Bärenmann“ in Zukunft von
ganz weit oben zuschaut, bergen haben ihn und seine positive
Seltsamkeit tief in ihr Herz geschlossen. Und lassen uns hoffentlich
noch lange daran teilhaben.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen