Mittwoch, 12. August 2015

Scheunenfunde: Mark Rogers & Mary Byrne



Zurück nach Innen. 

Trotz aller diesjährigen Regelmäßigkeit an Blogbeiträgen schafft es längst nicht alle angefragte und selbst entdeckte Musik auf den Bänkelsänger. Bereits Mitte Juli kam E-Mail-Post von Mark Rogers und Mary Byrne, mit der Bitte, sich doch das bereits im Oktober vergangenen Jahres veröffentliche Debütalbum vor den demnächst anstehenden Europa- und Deutschlandkonzerten einmal anzuhören und ihm vielleicht ein paar warme Worte an die Hand zu geben. Als dann dieser Tage auch noch ein physisches Exemplar im Briefkasten auftauchte, war Zugzwang angesagt, nicht dass es das Album ob seiner Güte bedurft hätte, aber unbändige Freude ob des hübschen Artworks und der netten Ankündigung kam trotzdem auf.

Doch nun zur Musik. Beide Musiker haben sich bereits in den vergangenen Jahren bei einigen mehr oder weniger bekannten amerikanischen Folkbands versucht, ehe sie 2013 die ersten gemeinsamen Schritte unternahmen. Mark ist Multiinstrumentalist und vagabundiert auf "I Line My Days Along Your Weight" an den Grenzen zwischen unbedingter Virtuosität und herzhaftem Akkordeinsatz entlang. Die Instrumentenwahl ist dabei so archaisch wie vielfältig, spielen doch Saitenklänge von Steel- und Resonator-Gitarren und antike Mandolinen genauso eine Rolle wie beläufige gesetzte Pianotupfen. Über diese mal sehsüchtelnden, mal intimen Melodiebögen erklingt die Stimme Mary Byrnes, die mal die Luftigkeit der Folkchanteusen der 60er-Jahre erreicht - nicht selten schimmert Sandy Denny von Ferne - aber sich auch vor zeitgenössischen Künstlerinnen wie Laura Marling oder Meg Baird nicht verstecken sollte. Dadurch erscheinen die Stücke auf "I Line My Days Along Your Weight" auch nicht rückwärtsgewandt, vielmehr strahlen sie vor zeitloser Anmutung und Tiefe. 

Im schmeichelnden "Green Gold Violet" etwa, wenn Rogers sein immerwährendes Folkpicking unterbricht um die Saiten entlangzuschlittern und damit den sonnendurchfluteten Gesang seiner Partnerin zu umgarnen. Mark Rogers Spiel erinnert dabei an John Martyn, immer wieder umweht die geschlagenen und gezupften, gestrichenen und gestreichelten Saiten eine luftige Wehmut, die sich aus vielen kleinen Miniaturen zusammenzusetzen scheint. Es sind die stillen Momente, die auf "I Line My Days Along Your Weight" überwiegen, und diese sind teilweise von solch zerbrechlicher Zartheit, dass man den Atem anhalten möchte, um nicht eine einzelne Nuance zu verpassen. Wenn Byrne dabei dann auch noch über intime Nähe singt, über Zweisamkeit und wahlweise dass sich gegenseitig Loslassen oder Wiederfinden können, kann dann schon ganz erheblich an die Nieren gehen. Doch trifft sie nicht immer nur die ganz schweren Themen wie bei "Sirens Call", denn das folgende "Cold Spring"  zeigt Stärke, Mut und Sehnsucht zugleich. Im Grunde liegt die Kraft des Albums aber auch genau in diesem Bruch aus den fein ziselierten Kompositionen und der bittersüßen Melancholie in Byrnes Texten.

Es wird ja bald Herbst, von daher darf man sich jetzt gerne einmummeln und den weisen Worten und den feinen Melodien der beiden Musiker aus Brooklyn lauschen, entweder direkt zu Hause, mit einem gehörigen Schuß Wohlfühlrotwein oder auf einem der ab September anstehenden Konzerte, die weiter unten aufgeführt sind. Aber ein Aufmerker darf natürlich nicht fehlen, hier ist "When Your Elders Are Tall":  


...und hier sind die noch nicht ganz vollständigen Konzerttermine:

11 Sept    Weimar, Kasseturm
12 Sept    Bad Bentheim, Altes Museum
14 Sept    Lübeck, Tonfink
15 Sept    Hamburg, Spielbudenplatz
16 Sept    Düsseldorf, Cafe Kwadrat
17 Sept    Münster, Fyal Central
18 Sept    Forst, Forster Hof
19 Sept    Leipzig, Tonelli's
20 Sept    Berlin, Alter Roter Löwe Rein
22 Sept    Schwerin, Angler II
23 Sept    Halle, Palais'S
24 Sept    Magdeburg, Blue Note Bar
25 Sept    (to be announced)
26 Sept    Bielefeld, C.ult Chambers Unlimited
27 Sept    Köln, Blue Shell


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