Sonntag, 7. November 2010
C. W. Stoneking
Sepia ist das neue Pink oder so ähnlich.
Jedenfalls wenn man es mit den Augen C.W. Stonekings betrachtet. Der hat nämlich in diesem Herbst sein zweites, "Jungle Blues" betiteltes Album in Deutschland veröffentlicht und räubert wahnsinnig tief in der musikalischen Mottenkiste.
Die 20er-40er Jahre des letzten Jahrhunderts sind sein Quell der Inspiration und was er da nicht alles gefunden hat. Selbst mit Gitarre bewaffnet und einer Stimme gesegnet, die Türen aus Angeln heben kann, nölt, knödelt, knarzt, summt, jault und jodelt er sich mit seinem "Primitive Horn Orchestra" durch eine variantenreiche Vaudeville-Show, mit augenzwinkernden Texten, frechen Anspielungen und mehr denkler "Blues-"Seele als man sich es im 21. Jahrhundert vorstellen kann.
Mit seinem frechen, ungestümen und einnehmenden Wesen lädt er zum "Jungle Blues", tatkräftig begleitet von blechernen Bläsern, kann aber auch anders, wenn er ein wenig ungelenk, aber dennoch mit dem Herz am rechten Fleck den Dschungel schlafen schickt, und zu klagender Klarinette und wiegender Begleitung das "Jungle Lullaby" anstimmt.
Der stampfend-swingende Calypso "Brave Son Of America" zeigt dann wiederum mit welcher Leichtigkeit der Wahlaustralier wenig angestaubte, wenn auch durchaus relevante, kritische Töne aufgreift und das Rad der Zeit im Kopf umzulegen wersucht. Es scheint im diebisches Vergnügen zu bereiten, den damals durchaus brisanten Texten eine neue, angemessen ironische Note zu verpassen ohne übers Ziel hinaus zu schießen.
Bei "I Heard The Marchin Of The Drum" findet man sich dann plötzlich in einer Jazzbar in New Orleans wieder, hier wird das klassische "Alexander's Ragtime Band" zitiert, die Trommel gibt die Marschrichtung vor und ab geht die Post. Es sind aber sicherlich vor allem die lateinischen Rhythmen, die "Jungle Blues" zu einem ausergewöhnlichen Hörerlebnis machen, auch bei "The Love Me Or Die" drängen sich diese nach vorn, Voodootrommeln rauschen im Hintergrund und eine betrunkene Tuba tanzt in Schlangenlinien mit quietschenden Trompeten und Klarinetten um die Wette.
Es ist ein zauberhaftes Vergnügen in den historischen Musikkosmos C.W. Stonekings einzutauchen, dem der Drahtseilakt Tradition und Moderne wie bei einem gelungenen Zaubertrick so unverschämt gut zu verknüpfen, das es eine wahre Freude ist.
Der Vorhang lüftet sich, der Künstler betritt nun selbst die Bühne:
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Wow, vielen Dank!
AntwortenLöschenWunderbares Stück Musik.
Mal wieder vielen Dank dafür!
Ich muß da irgendwie an meines Großvaters Shellak-Platten denken!
Wow!
Sehr sehr gerne! Der gute C.W: Stoneking hat sich auch direkt in mein Herz geklampft und ja, der Schellack-Vergleich ist nicht von der Hand zu weisen :-)
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